Rz. 195
Der Nießbrauch kann bestellt werden an Grundstücken, Erbbaurechten, grundstücksgleichen Rechten, Wohnungseigentum, Dauerwohn- und -nutzungsrechten sowie an Grundpfandrechten, Forderungen und anderen Rechten und Beteiligungen. Besondere Bedeutung für die Praxis hat die Einräumung des Nießbrauchsrechts an einem Erbteil. Beim Nießbrauch an einem Vermögen, bspw. am Nachlass (§ 1085 BGB), muss das Nießbrauchsrecht durch Einzelakte an den einzelnen Vermögensgegenständen begründet werden.
Der Nießbrauch kann auch an einer realen Teilfläche eines Grundstücks begründet werden (§§ 7 Abs. 2, 2 Abs. 3 GBO).
Auch an einem ideellen Bruchteil (Miteigentumsanteil nach § 741 BGB) kann ein Nießbrauch bestellt werden. Selbst der Alleineigentümer kann an einem ideellen Grundstücksbruchteil einen Nießbrauch begründen, weil eine dem § 1114 BGB entsprechende Beschränkung fehlt.
Zulässig ist auch die Bestellung eines Nießbrauchs an einem ganzen Grundstück, beschränkt jedoch auf einen reinen Bruchteil.
Der Nießbrauch ist nach § 1059 BGB zwingend unübertragbar und erlischt gem. § 1061 BGB zwingend mit dem Tod des Nießbrauchers, wenn er nicht einer juristischen Person zusteht. Wenn ein Nießbrauch für mehrere, nicht als Gesamtberechtigte, sondern zu Bruchteilen bestellt ist, verhindert im Fall des Todes eines Bruchteilsberechtigten die fehlende Vererblichkeit sowohl einen Übergang auf andere Bruchteilsberechtigte als auch auf den Eigentümer. Mangels Abtretbarkeit kann aber auch nicht im Weg der Vorausabtretung durch den Eigentümer der Übergang auf den Längstlebenden erreicht werden. Deshalb entsteht das Nießbrauchsrecht für den Längstlebenden nach dem Tod eines der Bruchteilsberechtigten insoweit neu und ist nicht identisch mit dem Bruchteilsnießbrauch. Die Verknüpfung des Bruchteilsnießbrauchs mit dem Nießbrauch für den Längstlebenden durch die auflösende bzw. aufschiebende Bedingung des Todes eines Bruchteilsberechtigten ersetzt nicht den Tatbestand des Rechtsübergangs selbst. Da mehrere Nießbrauchsrechte vorliegen mit der Folge, dass für mehrere Rechte auch mehrere Eintragungen unter verschiedenen laufenden Nummern im Grundbuch vorzunehmen sind, müssen die Bewilligung und der Eintragungsantrag der Antragsteller dies deutlich zum Ausdruck bringen. Wird bei der Übertragung von Grundbesitz ein Nießbrauch bestellt, der zunächst den Übertragenden zu ideellen Bruchteilen und nach dem Tod des Erstversterbenden dem überlebenden allein zustehen soll, so liegen mehrere Nießbrauchsrechte vor, die entsprechend zu bewilligen sind. Für einen Bruchteilsnießbrauch und den aufschiebend bedingten Nießbrauch eines Überlebenden sind selbstständige Rechte unter verschiedenen laufenden Nummern im Grundbuch einzutragen.
Rz. 196
Weit verbreitet ist der Nießbrauch an Erbteilen – zumeist des überlebenden Ehegatten an Erbteilen der Kinder. Für die Bestellung des Nießbrauchs an einem Erbteil ist notarielle Form erforderlich, weil nach § 1069 BGB die Vorschriften für die Übertragung – in diesem Fall § 2033 BGB – gelten. Gehört zum Nachlass ein Grundstück, so kann die Belastung des Erbteils mit dem Nießbrauch bei den Nachlassgrundstücken im Wege der Grundbuchberichtigung (in Abt. II) vermerkt werden, weil es sich bei der Nießbrauchsbelastung um eine Verfügungsbeschränkung handelt (§§ 1068 Abs. 2, 1078 BGB). Voraussetzung ist in diesem Fall allerdings, dass die Miterben zuvor im Grundbuch als Eigentümer des Nachlassgrundstücks eingetragen werden (§§ 39, 47 GBO). Der überlebende Elternteil, dem der Nießbrauch an den Erbteilen der minderjährigen Kinder eingeräumt ist, kann die Kinder bei der Bestellung des Nießbrauchs vertreten, weil es sich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt, für die § 181 BGB nicht gilt.
Rz. 197
Hinweis
Die wirksame Bestellung des Nießbrauchs am Erbteil ist erforderlich, damit der Nießbraucher bei der Aufhebung der Erbengemeinschaft nicht übergangen werden kann; nach § 1066 Abs. 2 BGB können nur Miterbe und Nießbraucher gemeinsam die Aufhebung der Erbengemeinschaft (evtl. in der Variante der Teilungsversteigerung) verlangen.
Rz. 198
Bestellt der Miterbe, der zur Einräumung des Nießbrauchs verpflichtet ist, den Nießbrauch nicht freiwillig (in notariell beurkundeter Form), so ist Klage gegen ihn zu erheben. Mit Rechtskraft des Urteils wird die von ihm abzugebende Willenserklärung ersetzt, § 894 ZPO. Da notarielle Beurkundung für den gesamten Einigungsakt vorgeschrieben ist, muss der Kläger seine Erklärung unter Vorlage einer Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils noch vor einem Notar vornehmen. Erst dann ist die Form des § 2033 BGB gewahrt.
Auch in diesem Fall erscheint es zweckmäßig, in den Klageantrag die Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs dahin gehend aufzunehmen, dass der Nießbrauch im Grundbuch vermerkt werden kann (§§ 19, 22 GBO).
Rz. 199
Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs kann ebenfalls die Einigung über die Nießbrauchsbestellung am Erbteil erfolgen. Die Protokollierung des Vergleichs ers...