Rz. 168
Nicht selten nehmen einzelne Miterben nach dem Erbfall eine im (Mit-)Eigentum der Erbengemeinschaft stehende Immobilie allein in Besitz und schließen die anderen Erben von der Nutzung aus. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der miterbende überlebende Ehegatte oder ein miterbendes Kind des Erblassers die mit dem Erblasser zuvor gemeinsam bewohnte Immobilie nach dem Erbfall allein weiternutzen. Allerdings ist jeder Miterbe nach §§ 2038 Abs. 2, 743 Abs. 2 BGB zur Teilhabe an sämtlichen Nachlassgegenständen berechtigt, soweit dadurch nicht die Teilhaberechte der übrigen Miterben beeinträchtigt werden. Dies gilt bezogen auf zum Nachlass gehörende Immobilien grundsätzlich auch dann, wenn nur ein ideeller Miteigentumsanteil an der Immobilie in den Nachlass fällt und der andere Miteigentumsanteil einem Miterben, etwa dem überlebenden Ehegatten oder einem Kind des Erblassers gehört.
Rz. 169
Die Art und Weise der Nutzung der Nachlassgegenstände kann die Erbengemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss regeln. Dabei hat jeder Miterbe nach §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 2 BGB Anspruch auf eine Regelung der Verwaltung und Benutzung von Nachlassgegenständen, die dem billigen Ermessen aller Miterben entspricht. Eine gerichtliche Entscheidung zur Verwaltungs- und Benutzungsregelung kommt nur dann in Betracht, wenn die Erbengemeinschaft keine dem billigen Ermessen entsprechende Vereinbarung getroffen hat. Haben die Miterben eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung vereinbart, kann eine Neuregelung nur dann beansprucht werden, wenn sich die Umstände seit der Regelung wesentlich geändert haben oder die Regelung in einem bestimmten Punkt lückenhaft ist.
Rz. 170
Nutzt ein Miterbe einen Nachlassgegenstand nicht wie die anderen Miterben, kann er von den anderen Miterben in bestimmten Fällen ein Nutzungsentgelt entsprechend der jeweiligen Nutzung verlangen. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Erbengemeinschaft eine entsprechende Benutzungsvereinbarung oder Mehrheitsentscheidung getroffen hat. Eine stillschweigende Vereinbarung der Miterben ist ausreichend. Ein Anspruch auf Nutzungsentgelt kommt ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem der Miterbe ausdrücklich und vergeblich eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Nachlassgegenstands nach billigem Ermessen nach § 745 Abs. BGB verlangt. Schließlich kommt ein Anspruch auf Nutzungsentgelt dann in Betracht, wenn ein Miterbe den Mitgebrauch eines Nachlassgegenstands hartnäckig verweigert.
Rz. 171
Ist ein Miterbe zugleich Miteigentümer einer Immobilie und nutzt er diese Immobilie unter Ausschluss der anderen Miterben nach dem Erbfall weiter, werden die Miterben wohl keinen Anspruch auf Nutzung der Immobilie haben, da dieses Verlangen keine "dem billigen Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung" nach § 745 Abs. 2 BGB darstellt.
Nutzt ein Miterbe die zum Nachlass gehörende Immobilie nach dem Erbfall unter Ausschluss der anderen Miterben und begehren die anderen Miterben der Erbengemeinschaft die Räumung der Immobilie, weil der nutzende Erbe das Zahlen eines Nutzungsentgelts verweigert, stellt die Durchsetzung der Räumung der Immobilie ohne näher konkretisierten Plan der weiteren Verwendung keine der Billigkeit entsprechende Nutzung und Verwaltung nach § 745 Abs. 2 BGB dar. Die bloße Absicht einer Vermietung oder aber eines Verkaufs genügt nicht, um die Räumung zu verlangen und eine kostenlose Nutzung durch den Miterben zu unterbinden. Die Erbengemeinschaft müsste zunächst einen konkreten Plan zur Nutzung und Verwaltung der Immobilie fassen. Die Erbengemeinschaft könnte dann, wenn der nutzende Miterbe an diesem Plan nicht mitwirkt, die Zustimmung zu diesem Plan, ggf. einschließlich der Räumung, verlangen, sofern dieser der Billigkeit entspricht.