Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 38
Gem. § 17 BBiG hat der Ausbildende dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein Arbeitsentgelt, sondern um einen Unterhaltszuschuss, welcher eine finanzielle Hilfe zur Durchführung der Berufsausbildung sein soll und den Nachwuchs an Fachkräften sichern soll (Litterscheid, NZA 2006, 639; Leinemann/Taubert/Leinemann/Taubert, BBiG, § 17 Rn 4 f.). Sie ist nach dem Lebensalter des Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung mindestens jährlich ansteigt, wobei hier nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf das Ausbildungsjahr abzustellen ist (Litterscheid, NZA 2006, 639, 641; Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 11 Rn 38; BeckOK-ArbR/Hagen, BBiG § 17 Rn 4a f.). § 113 BGB gilt im Ausbildungsverhältnis nicht, sodass bei Minderjährigen grds. an die Eltern gezahlt werden muss (Grüneberg/Ellenberger, § 113 Rn 2). Die Vergütungspflicht wird von ausbildungs-, sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Elementen bestimmt, sodass die §§ 850a Nr. 6 ZPO, §§ 400, 394 BGB, §§ 38, 55 InsO und § 196 Nr. 8, 9 BGB a.F. gelten. Seit dem 1.1.2002 gilt generell eine dreijährige Verjährungsfrist, § 195 BGB.
Rz. 39
Durch die Neuregelung des § 17 BBiG gilt seit dem 1.1.2020 eine gesetzliche Mindestvergütung. Sie gilt nicht für Ausbildungsverhältnisse, die vor dem 1.1.2020 begonnen haben. Hält sich ein Ausbilder trotz Geltung der Mindestvergütung nicht bzw. nicht in ausreichendem Umfang daran, wird er mit einer Geldbuße belegt, § 101 Abs. 1 Nr. 5 BBiG (zur Höhe der Mindestvergütung und im Einzelnen Rennebarth, DStR 2020, 516, 517; s. auch Bauschke, öAT 2020, 67, 68 f.; ausführlich: Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 17 Rn 35 ff.). Tarifvertraglich kann die Mindestvergütung unterschritten werden, § 17 Abs. 3 S. 1 BBiG. Im Übrigen liegt eine Unverhältnismäßigkeit der Vergütung regelmäßig dann vor, wenn der Mindestbetrag nicht erreicht wird (ErfK ArbR/Schlachter § 17 Rn 3). Auch wenn dies der Fall ist, kann die Vergütung unangemessen sein. Zum einen ist die Angemessenheit der Vergütung i.d.R. dann ausgeschlossen, wenn das tarifliche Niveau um mehr als 20 % unterschritten wird, § 17 Abs. 4 BBiG (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 21.6.2022 – 2 Sa 251/21, BeckRS 2022, 30788; BeckOK-ArbR/Hagen, BBiG, § 17 vor Rn 1 und Rn 6 ff.). Weiterhin kann sich eine Unangemessenheit auch aus anderen Gründen ergeben. Maßgeblich für die Beurteilung ist die Verkehrsanschauung (BAG v. 16.5.2017 – 9 AZR 377/16, BeckRS 2017, 116437; BeckOK-ArbR/Hagen, BBiG, § 17 Rn 5). Über- und Mehrarbeitsstunden sind besonders zu vergüten (§§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 7 BBiG). Es ist auch ein Freizeitausgleich möglich. Die Frage der Erforderlichkeit eines Mehrarbeitszuschlages ist umstritten, wird aber wohl zu verneinen sein, da eine dahin gehende Regelung im JArbSchG v. 12.4.1976 gestrichen worden ist (vgl. Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 67; Litterscheid, NZA 2006, 639; a.A. Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 17 Rn 98, jedenfalls dann, wenn tarifliche Regelungen einen Zuschlag vorsehen). Die Anrechnung von Sachleistungen ist möglich und bestimmt sich nach den §§ 17 Abs. 6, 19 Abs. 2 BBiG. Die Vergütung bemisst sich gem. § 18 Abs. 1 BBiG nach Monaten und wird spätestens am Monatsende fällig (§ 18 Abs. 2 BBiG).
Rz. 40
Bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag hat der Auszubildende grds. keinen Anspruch auf Vergütungsfortzahlung (§§ 320 ff. BGB). Hierbei gelten jedoch die von § 19 BBiG aufgestellten Ausnahmen für die Zeit der Freistellung zur Teilnahme am Berufsschulunterricht sowie in den Fällen des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos, der Arbeitsfreistellung und der unverschuldeten Dienstverhinderung des Auszubildenden.
Rz. 41
Der Auszubildende hat schließlich Anspruch auf die sozialen Leistungen wie Feiertagsvergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, etc. (vgl. Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 75 f.) und ist lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig (Marburger, BB 1986, 316).