Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 97
Das am 20.7.1995 in Kraft getretene NachwG soll durch die Verpflichtung zur schriftlichen Fixierung der wesentlichen Arbeitsbedingungen eine größere Rechtssicherheit im Arbeitsverhältnis bewirken. Das NachwG gilt gem. § 1 NachwG für alle Arbeitnehmer (einschließlich der leitenden Angestellten) mit Ausnahme derjenigen, die zur vorübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt werden.
Rz. 98
Gem. § 2 Abs. 1 NachwG hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Der Nachweis in elektronischer Form erfüllt die Verpflichtung aus dem NachwG nicht. Die Niederschrift hat keine konstitutive Wirkung, sondern ausschließlich deklaratorischen Charakter. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:
Rz. 99
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Name und Anschrift der Vertragsparteien (Nr. 1), |
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Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses (Nr. 2), |
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bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer (Nr. 3), |
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den Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig werden soll, einen Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann (Nr. 4), |
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eine kurze Charakterisierung oder allgemeine Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit (Nr. 5), |
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die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit (Nr. 6), |
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die vereinbarte Arbeitszeit (Nr. 7), |
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die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs (Nr. 8), |
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die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Nr. 9), |
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einen in allgemeiner Form gehaltenen Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind (Nr. 10). |
Rz. 100
Bei einer Tätigkeit eines Mitarbeiters außerhalb der BRD, die länger als einen Monat andauert, erstreckt sich die Nachweispflicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 NachwG zusätzlich
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auf die Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit (Nr. 1), |
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die Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird (Nr. 2), |
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ein zusätzliches, mit dem Auslandsaufenthalt verbundenes Arbeitsentgelt und damit verbundene zusätzliche Sachleistungen (Nr. 3) und |
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die vereinbarten Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers (Nr. 4). |
Rz. 101
Die Verpflichtung zur Aushändigung einer unterzeichneten Niederschrift über die Vertragsbedingungen entfällt, wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, der alle vom NachwG in § 2 Abs. 1 bis 3 geforderten Angaben enthält (§ 2 Abs. 4 NachwG). Bei Abschluss des Vertrages empfiehlt es sich daher, dessen Aushändigung bestätigen zu lassen.
Rz. 102
Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist dem Arbeitnehmer ebenfalls und spätestens einen Monat nach der Änderung schriftlich mitzuteilen, soweit diese nicht auf einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie ähnlichen Regelungen beruht (§ 3 NachwG). Für Arbeitsverhältnisse, die bei Inkrafttreten des NachwG bereits bestanden, sieht die Übergangsvorschrift des § 4 NachwG vor, dass dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen innerhalb von zwei Monaten eine den Anforderungen des § 2 NachwG entsprechende Niederschrift auszuhändigen ist, soweit nicht bereits eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit den erforderlichen Angaben vorliegt.
Rz. 103
Streitig ist, ob der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG verpflichtet ist, den Arbeitnehmer auf die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auch dann hinzuweisen, insb. wenn dieser Tarifvertrag allgemein verbindlich ist. Zudem ist streitig, ob es dem Arbeitgeber gem. § 242 BGB verwehrt ist, sich im Fall des fehlenden Hinweises, auf in diesem Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfristen zu berufen (so LAG Bremen v. 9.11.2000, NZA-RR 2001, 98–102; a.A. BAG v. 17.4.2002, NZA 2002, 1096–1099). Nach der Rspr. des BAG kann sich ein Arbeitgeber mithin auch bei einem unterlassenen Hinweis auf die Geltung eines Tarifvertrages auf die darin enthaltene Ausschlussregelung berufen (vgl. BAG v. 21.2.2012 – 9 AZR 486/10). Wegen der unterlassenen Aufklärung ist er dem Arbeitnehmer ggü. jedoch zum Schadensersatz verpflichtet. Da er in diesem Fall Naturalrestitution schuldet, kann der betroffene Arbeitnehmer verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Anspruch nicht untergegangen (BAG 21.2.2012 – 9 AZR 486/10). Nach der Rspr. des BAG ist es aber jedenfalls ausreichend, dass der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag hinweist, der eine Ausschlussfrist enthält. Ein gesonderter Hinweis auf die Ausschlussfrist ist danach nicht mehr notwendig (BAG v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01).
Rz. 104
Ebenso wenig wie § 105 GewO enthält das NachwG Sanktionen bei einem arbeitgeberseitigen Verstoß gegen Hinweispflicht...