Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 1061
Im Arbeits- und Dienstverhältnis sollte nicht nur die Pflicht der Einräumung von Nutzungsrechten vereinbart, sondern es sollten insb. auch die Reichweite der Nutzungseinräumung (Umfang des Nutzungsrechts) und die einzelnen Nutzungsrechte (Inhalt des Nutzungsrechts) geregelt werden.
Rz. 1062
Das UrhG regelt die Einräumung von Nutzungsrechten in § 31 UrhG, der auch im Rahmen von Arbeits- und Dienstverhältnissen gilt. Nach der in § 31 Abs. 5 UrhG zum Ausdruck kommenden Zweckübertragungslehre ist davon auszugehen, dass der Urheber im Zweifel nicht mehr Rechte einräumt als zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich sind (BGH v. 13.6.1980 – I ZR 45/78; BGH v. 27.9.1995 – I ZR 215/93; BGH v. 4.7.1996 – I ZR 101/94; BGH v. 3.3.2005 – I ZR 111/02; BGH v. 28.10.2010 – I ZR 18/09). Auch ein Beamter wird seinem Dienstherrn im Zweifel stillschweigend sämtliche Rechte einräumen, die dieser zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt (BGH v. 12.5.2010 – I ZR 209/07).
Rz. 1063
Es ist im Zweifel und insb. bei der stillschweigenden Rechteeinräumung davon auszugehen, dass dem Arbeitgeber Nutzungsrechte insoweit eingeräumt werden, wie er sie zur Erfüllung seiner betrieblichen Aufgaben benötigt (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 55). Im Einzelfall ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist (BGH v. 12.5.2010 – I ZR 209/07; BGH v. 22.2.1974 – I ZR 128/72; BAG v. 13.9.1983 – 3 AZR 371/81). Eine Einräumung von Nutzungsrechten über den Betriebszweck hinaus kann grds. nicht ohne Weiteres angenommen werden (BGH v. 22.4.2004 – I ZR 174/01). Änderungen und Erweiterungen des Betriebs vor Schaffung des Werks sind bei der Beurteilung der Reichweite der Einräumung zu berücksichtigen (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 12). Änderungen und Erweiterungen des Betriebs nach Schaffung des Werks führen hingegen regelmäßig nicht zu einer erweiterten Rechtseinräumung.
Rz. 1064
Sind die einzelnen Nutzungsarten im Vertrag aufgeführt, ist für die Anwendung der Zweckübertragungslehre allerdings kein Raum mehr.
Rz. 1065
Das Nutzungsrecht gilt grds. immer nur für den Betrieb in dem der Arbeitnehmer tätig ist. Der Arbeitgeber kann das Werk also nicht ohne Weiteres in anderen Betrieben einsetzen (BGH v. 11.11.1977 – I ZR 56/75). Zur Einräumung der Nutzungsrechte an Dritte s. Rdn 1071 ff.
Rz. 1066
Die Übertragung von Nutzungsrechten an Urheberrechten auf den Arbeitgeber kann auch Gegenstand von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen sein, soweit das Arbeitsverhältnis ihrem Anwendungsbereich unterfällt (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 11).
Rz. 1067
Mit der Urheberrechtsreform 2007 (2. Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BT-Drucks 16/1828, 21 f.), wurde § 31 Abs. 4 UrhG a.F., wonach Regelungen über die Einräumung von Nutzungsrechten für unbekannte Nutzungsarten nichtig waren, aufgehoben. Unbekannte Nutzungsarten wurden durch den Reformgesetzgeber in den §§ 31a, 32c und 137 Abs. 1 UrhG geregelt. Der Urheber kann demnach seit dem 1.1.2008 auch Verträge abschließen, mit denen er unbekannte Nutzungsarten einräumt oder sich dazu verpflichtet (vgl. BGH v. 28.10.2010 – I ZR 85/09).
Rz. 1068
Ein Vertrag über unbekannte Nutzungsarten bedarf nach § 31a Abs. 1 UrhG der Schriftform, es sei denn, der Urheber räumt unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann ein (§ 31 Abs. 1 S. 2 UrhG).
Rz. 1069
Um die Interessen des Urhebers zu wahren, hat dieser die Möglichkeit die schriftliche Rechtseinräumung ggü. seinem Vertragspartner zu widerrufen (§ 31a Abs. 1 S. 3 UrhG). Gegenstand des Widerrufes ist das Recht der unbekannten Nutzungsart. Das Widerrufsrecht erlischt 3 Monate nach Absendung der Mitteilung an den Urheber über die beabsichtigte Aufnahme der neuen Werknutzung (§ 31a Abs. 1 S. 4 UrhG; vgl. Dreier/Schulze, § 31a Rn 86 ff.). Es erlischt zudem, wenn die Parteien sich auf eine weitere Vergütung nach § 31a Abs. 2 UrhG geeinigt haben (vgl. Dreier/Schulze, § 31a Rn 115 ff.) oder die Vergütung nach einer gemeinsamen Vergütungsregel vereinbart wurde (vgl. § 36 UrhG). Auch mit dem Tod des Urhebers erlischt das Widerrufsrecht des Urhebers (§ 31a Abs. 2 S. 3 UrhG).
Rz. 1070
Da keine weiteren Übergangsregelungen geschaffen wurden, ist § 31 Abs. 4 UrhG a.F. seit dem 1.1.2008 auch für Altfälle nicht mehr anwendbar (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 31 Rn 41 ff.). Für Verträge die vor dem 1.1.2008 abgeschlossen wurden, gilt die Übergangsvorschrift des § 137 Abs. 1 UrhG.