Rz. 53
Soweit die AVB an den §§ 305 ff. BGB zu messen sind, ist auf die allgemeinen Ausführungen in § 1 Allgemeiner Teil hinzuweisen. Für die Krankenversicherung ist Folgendes wesentlich:
Bei der Krankenversicherung folgt eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt der überraschenden Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB), der Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB) sowie einer Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB).
a) Überraschende Klausel
Rz. 54
Unter dem Aspekt überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB – das sind Klauseln, mit deren Vorliegen der Versicherungsnehmer keinesfalls zu rechnen braucht, die also einen sog. Überrumpelungseffekt haben – wurden zahlreiche Bestimmungen diskutiert.
Rz. 55
Nicht überraschend waren folgende Klauseln:
▪ |
Vorlagepflicht eines Heil- und Kostenplans in Tarifbedingungen |
▪ |
zu § 1 MB/KK: Beschränkung auf 20 psychotherapeutische Sitzungen im Jahr |
▪ |
zu § 1 MB/KK: Beschränkung des Versicherungsschutzes bei Psychotherapie, soweit sie von einem niedergelassenen approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt wird. Die Klausel kann auch nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16.6.1998 nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der zugesagte Versicherungsschutz nunmehr auch Behandlungen durch einen psychologischen Psychotherapeuten umfasse. |
▪ |
zu § 1 MB/KK: Erfordernis einer schriftliche Zusage vor Behandlungsbeginn betreffend ambulanter und stationärer Psychotherapie. |
▪ |
zu § 1 MB/KK: Psychotherapeutische Maßnahmen nur durch niedergelassenen approbierten Arzt oder Krankenhaus |
▪ |
zu § 4 Abs. 5 MB/KK: gemischte Anstalt |
▪ |
zu § 5 Abs. 1 c MB/KK: Erstattungsausschluss aus wichtigem Grund |
▪ |
zu § 14 Abs. 1 MB/KT: Kündigung durch den Versicherer |
▪ |
zu § 2 MB/KK: Versicherungsbeginn der Krankenversicherung und Wartezeit |
▪ |
zu § 2 MB/KT: Versicherungsbeginn der Krankentagegeldversicherung |
▪ |
zu § 4 MB/KK 76: Apothekenklausel |
▪ |
zu § 4 Abs. 2 MB/KK: Behandlung durch Dipl.-Psychologe nach vorheriger Zusage |
▪ |
zu § 4 Abs. 1 MB/KK: Kostenbegrenzungen auf Höchstsätze der GOÄ bzw. Verordnungen über Krankenhauspflegesätze |
b) Unklarheitenregel
Rz. 56
Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass auch nach Erschöpfung der Auslegungsregel ein nicht behebbarer Zweifel bleibt.
Nicht unklar waren folgende Klauseln:
▪ |
Regelung der Altersrückstellung in Tarifbedingungen |
▪ |
zu § 1 Abs. 1 b MB/KK: Begriff der stationären Behandlung |
▪ |
zu § 4 Abs. 1 MB/KK: Sachkostenliste |
▪ |
zu § 4 Abs. 2 MB/KT: Durchschnittsverdienst als Obergrenze für Krankentagegeld |
▪ |
§ 4 Abs. 4 MB/KK: Beschränkung auf 150 % des Entgelts nach KHEntgG bei Kosten privater Krankenhäuser, da nach Ansicht des BGH keine Einschränkung der freien Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern (In dem Verfahren hatte allerdings der Versicherungsnehmer der Darstellung der Versicherung nicht widersprochen, dass der ganz überwiegende Teil der Privatkliniken anhand von Sätzen abrechne, die unterhalb der vereinbarten Kappungsgrenze lägen.) |
▪ |
zu § 15 Abs. 1 a MB/KT i.V.m. Tarifbedingungen zur Versicherungsfähigkeit |
▪ |
zum Hilfsmittelbegriff in Tarifbedingungen |
▪ |
Selbstbehaltsklausel zu § 6 Nr. 1.1 MB/KK 2009. |
Rz. 57
Als intransparent und damit unwirksam angesehen wurde dagegen die Regelung zu § 4 Abs. 4 MB/KT 2009, Stand vor 2017, zum Herabsetzungsrecht des Versicherers bei Einkommensverringerung. Insoweit wurde vielfach bei Altverträgen von einer Klauselersetzung nach § 203 Abs. 4 VVG Gebrauch gemacht (vgl. unter Rdn 705 ff. und Rdn 723 ff. zu § 4 Abs. 2, 4 MB/KT), nach hier vertretener Auffassung ohne Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 203 Abs. 4, 164 VVG.