Rz. 175

Die Beachtung der zivilrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen sind auch einkommensteuerlich von Bedeutung, weil im Bereich der Verträge zwischen Angehörigen die Rspr. der zivilrechtlichen Wirksamkeit, Klarheit, Eindeutigkeit, Üblichkeit unter Fremden und tatsächlichen Durchführung derartiger Verträge indizielle Wirkung bei der Frage der steuerlichen Anerkennung, die anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist, beimisst[318] Die Anwendung des § 41 AO ist bei Verträgen zwischen Angehörigen zwar nicht mehr generell ausgeschlossen, aber umso höheren Hürden ausgesetzt, je offensichtlicher der Verstoß gegen die zivilrechtlichen Formvorschriften ist.[319]

 

Rz. 176

Einkommensteuerlich steht im Mittelpunkt der Betrachtung, ob und ggf. wie eine Gewinnrealisierung aus Anlass der Vermögensübertragung vermieden werden kann. Soweit Gesellschaftsbeteiligungen dem Privatvermögen zuzuordnen sind, was aus systematischen Gründen nur bei Anteilen an Kapitalgesellschaften in Betracht kommt, gilt Folgendes:

 

Rz. 177

Ungeachtet des Umstandes, dass sämtliche Anteile an Kapitalgesellschaften steuerverstrickt sind (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG), ergeben sich beim Schenker keine steuerlichen Konsequenzen. Der Erwerber tritt in die Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers ein, er führt dessen Anschaffungskosten und die übrigen steuerlich relevanten Merkmale des Schenkers fort.[320] Liegt dagegen – nach ertragsteuerlichen Maßstäben[321] – ein (teil-)entgeltlicher Transfer vor, so führt dies nach allgemeinen Grundsätzen im Umfang der Entgeltlichkeit zu einem steuerbaren Veräußerungsgewinn nach den §§ 17, 23 EStG oder § 22 UmwStG.

 

Rz. 178

Ist eine Rechtsnachfolge in Betriebsvermögen zu beurteilen, ist zunächst zu bedenken, dass jede vorweggenommene Erbfolge ein Vorgang ist, der privat veranlasst und demnach grds. als gewinnrealisierende Überführung des übertragenen Betriebsvermögens in das Privatvermögen zu qualifizieren ist (Entnahme, Betriebsaufgabe), sofern nicht besondere Vorschriften[322] die Fortführung der Buchwerte erlauben oder anordnen. Diese Vorschriften setzen jedoch grds. einen unentgeltlichen Vermögenstransfer voraus – wobei die Abgrenzung entgeltlich/teilentgeltlich/unentgeltlich jeweils nach spezifischen Kriterien zu klären ist –, sodass deren auf Buchwertfortführung gerichtete Rechtsfolgenanordnung immer dann nicht eingreifen kann, wenn (Teil-)Entgeltlichkeit anzunehmen ist.

 

Rz. 179

Deshalb ist stets zu prüfen, ob der Beschenkte zu Leistungen verpflichtet ist, die als (Teil-)Entgelt zu qualifizieren sind:

Vorbehaltene Nutzungen sind nicht als Gegenleistung zu qualifizieren.[323]
Hat der Übernehmer Teile des übertragenen Vermögens Dritten zu überlassen (Weitergabeverpflichtung), so berührt dies die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung nicht.
Hat der Übernehmer dagegen eine Abstandszahlung an den Übertragenden oder Gleichstellungsleistungen an Dritte zu erbringen, so handelt es sich dabei um ein Entgelt im ertragsteuerlichen Sinn.
Übernimmt der Beschenkte Verbindlichkeiten des Schenkers, so ist diese Schuldübernahme als Gegenleistung zu qualifizieren, wenn es sich hierbei um private Verbindlichkeiten des Schenkers handelt oder wenn eine betriebliche Verbindlichkeit nicht als Teil einer betrieblichen Sachgesamtheit (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil), sondern im Kontext mit der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern übernommen wird.

Übernimmt der Beschenkte die Verpflichtung, wiederkehrende Leistungen an den Schenker oder andere Personen[324] zu erbringen, so können diese Leistungen unterschiedlich zu qualifizieren sein:

Es kann sich um – unabhängig von der Vermögensübertragung zu erbringende – Unterhaltsleistungen an den Übergeber handeln, die die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung nicht berühren.
Es kann sich um private Versorgungsleistungen handeln, wenn diese den Anforderungen der Rspr.[325] bzw. der Verwaltung[326] an derartige Leistungen genügen. Derartige Versorgungsleistungen haben die Funktion eines Vorbehaltsnießbrauchs und berühren deshalb – einkommensteuerlich[327] – die Unentgeltlichkeit der Versorgungsleistung nicht.[328] Es kann sich – in seltenen Ausnahmefällen – um eine betriebliche Versorgungsrente handeln.[329]
Es kann sich um eine Veräußerungsleistung (Veräußerungsrente) handeln, die als Entgelt zu qualifizieren ist.[330]
 

Rz. 180

Entscheidend für die Unterscheidung Entgeltlichkeit/Unentgeltlichkeit ist auch die Frage, ob die Einheits- oder Trennungstheorie zur Beurteilung heranzuziehen ist.

Soweit die Nachfolge in Einzelwirtschaftsgüter zu beurteilen ist, greift nach der bisherigen Verwaltungsauffassung[331] die (reine) Trennungstheorie mit der Folge, dass jede als Gegenleistung zu qualifizierende Leistung zumindest zu einer Teilentgeltlichkeit des Vorgangs führt und der im Grundsatz einheitliche Übertragungsvorgang nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Leistung und Gegenleistung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufz...

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