Rz. 191
Ein von den Ehegatten vor der Scheidung gemeinsam vereinbartes Betreuungskonzept ist auch i.R.d. Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen. Maßgeblich ist die tatsächliche und dauerhafte Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse (vgl. § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB). Allerdings kann i.R.d. dreijährigen Basisunterhalts auch eine bisher schon praktizierte Fremdbetreuung eingestellt werden.
Rz. 192
Umgekehrt aber gilt: Wenn einvernehmlich eine Eigenbetreuung für längere Zeit beschlossen und jedenfalls die Anfänge umgesetzt wurden, so spricht dies i.R.d. Billigkeit dafür, dass eine Fremdbetreuung nicht verlangt werden kann und das Vertrauen in diese eheliche Rollenverteilung geschützt ist. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Scheidungssituation mit weniger Gesamteinkommen zu einer Änderung dieser Pläne ggf. mit Übergangsphase zwingt, auf die sich der andere Ehepartner einlassen muss.
Daher besteht ein erhebliches Potenzial ehevertraglicher Regelungen über die Rollenverteilung. Das individualisierte Unterhaltsrecht unterstützt individuelle Regelungen der jeweiligen Ehepartner. Es ist darauf angelegt, dass die Ehegatten ihre "konkrete Billigkeit" selbst festlegen, bevor die gesetzliche Billigkeitsabwägung greift. Dabei sollten sich die Ehegatten nicht auf die Regelung der Rollenverteilung in der Ehe beschränken, sondern auch eine Aussage darüber treffen, wie sie sich im Scheidungsfalle die Aufteilung der Kindesbetreuung vorstellen.
Hinweis
Bei einer Regelung der Rollenverteilung sollte zur Rechtssicherheit klargestellt werden, ob sie auch im Scheidungsfall Bestand haben soll, denn dann erübrigen sich Gedanken, ob die Scheidung zu einer Störung der Geschäftsgrundlage für eine solche Rollenverteilung führt.
So ist insb. auch eine Vereinbarung vorstellbar, dass der kindesbetreuende Elternteil einem vollzeitigen Erwerb nachgeht und der andere Ehegatte die Finanzierung der Fremdbetreuung übernimmt. Eine solche Regelung, die in der Praxis in Unternehmerkreisen öfters gewählt wird, kann wie folgt formuliert werden.
Rz. 193
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Muster 18.4: Vereinbarung von Fremdbetreuung mit Kostenübernahme
Wir sind übereinstimmend der Auffassung, dass nach der Geburt von Kindern der Ehemann/die Ehefrau (nachfolgend "betreuender Elternteil") nach Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes in seinem/ihrem Beruf als _________________________ wieder arbeitet und die Kinder durch Dritte betreut werden sollen. Der Ehemann/die Ehefrau (nachfolgend "unterhaltsverpflichteter Elternteil") verpflichtet sich, die durch die Ganztagsbetreuung entstehenden Kosten in Kindergarten oder Schule bis zum _________________________ Lebensjahr des jeweiligen Kindes als Mehrbedarf i.R.d. Kindesunterhaltes zusätzlich zu den Unterhaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle – und zwar allein – zu entrichten. Hierzu gehören auch Betreuungskosten, die in den Zeiten von Schul- oder Kindergartenferien oder aufgrund sonstiger Einschränkungen in der Betreuung entstehen.
(Formulierungsvarianten:
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Der unterhaltsverpflichtete Elternteil verpflichtet sich, für die Ganztagsbetreuung neben den vorstehend genannten Unterhaltsbeträgen einen festen monatlichen Betrag von _________________________ EUR für jedes Kind längstens bis zum _________________________ Lebensjahr des jeweiligen Kindes zum oben genannten Fälligkeitstermin zusätzlich zu entrichten. |
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Außerdem verpflichtet sich der unterhaltsverpflichtete Elternteil, zur Ermöglichung der verbleibenden häuslichen Eigenbetreuung die Kosten einer Haushaltshilfe, die zu örtlich üblichen Sätzen beschäftigt wird, mit einer Stundenzahl von 15 Stunden wöchentlich zusätzlich zu tragen.) |