Rz. 334
In all den Fällen, in denen das Höferecht nicht gilt – und damit in weiten Teilen Baden-Württembergs, in Bayern und in den neuen Bundesländern –, kann ein Miterbe, wenn kraft gesetzlicher Erbfolge eine Erbengemeinschaft entstanden ist, zu der ein landwirtschaftlicher Hof gehört, die Zuweisung des Hofes gem. § 13 GrdstVG beantragen. Zuständig ist das Landwirtschaftsgericht – Amtsgericht.
a) Voraussetzungen für ein Hofzuweisungsverfahren
Rz. 335
Nur wenn nach dem Tod des Hofeigentümers kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft entstanden ist, der in den seit 1.4.1998 eingetretenen Erbfällen auch nichteheliche Kinder angehören können, ist ein Hofzuweisungsverfahren zulässig. Ist die Erbengemeinschaft auf der Grundlage einer Verfügung von Todes wegen entstanden, so findet das Zuweisungsverfahren nicht statt, § 13 Abs. 1 S. 1 GrdstVG.
Rz. 336
Nur ein landwirtschaftlicher Betrieb kann zugewiesen werden. Häufig handelt es sich um einen gemischt landwirtschaftlichen/forstwirtschaftlichen Betrieb. In solchen Fällen kommt es auf die Gewichtung an. Auch bei gewerblicher und industrieller Produktion kommt eine Zuweisung nicht in Betracht. Gerade im Hinblick auf die besonderen Abfindungsregeln für weichende Erben können die Sondervorschriften der §§ 13 ff. GrdstVG nicht auf andere Fälle als den des landwirtschaftlichen Betriebs ausgedehnt werden.
Rz. 337
Eine Hofstelle muss vorhanden sein, die zur Bewirtschaftung geeignet ist, § 14 Abs. 1 GrdstVG.
Rz. 338
Die Erträge des landwirtschaftlichen Betriebs müssen im Wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichen, § 14 Abs. 1 GrdstVG. Erträge sind nachhaltig erzielbare Überschüsse. Erträge aus zugepachteten Grundstücken sind mit zu berücksichtigen, soweit gesichert ist, dass das Pachtland dem Zuweisungsempfänger zur Bewirtschaftung zustehen wird, § 14 Abs. 1 S. 2 GrdstVG.
Rz. 339
Verfahrensrechtliches:
Förmlicher Antrag eines Miterben auf Zuweisung des landwirtschaftlichen Betriebs beim zuständigen Landwirtschaftsgericht, § 13 Abs. 1 S. 1 GrdstVG, §§ 1 Nr. 2; 10 LwVG, ist erforderlich, ebenso Erfolglosigkeit eines Einigungsversuchs, § 14 Abs. 2 GrdstVG. Ein gleichzeitig laufendes Teilungsversteigerungsverfahren kann für die Dauer des Zuweisungsverfahrens eingestellt werden, § 185 Abs. 1 ZVG.
b) Zuweisungsempfänger
Rz. 340
Der landwirtschaftliche Betrieb ist demjenigen Miterben zuzuweisen, dem er nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers zugedacht war, § 15 Abs. 1 S. 1 GrdstVG. Da Voraussetzung für ein gerichtliches Zuweisungsverfahren eine kraft Gesetzes entstandene Miterbengemeinschaft ist, wird in den meisten Fällen ein ausdrücklich in einer Verfügung von Todes wegen festgelegter Erblasserwille nicht feststellbar sein. Deshalb kommt es auf sonstige Umstände an, bspw. die bisherige Mitarbeit im Betrieb, Willensbekundungen, die erforderlichenfalls durch Zeugenaussagen oder Urkunden (Briefe) festgestellt werden können.
Rz. 341
Nur ein bewirtschaftungsbereiter und bewirtschaftungsfähiger Miterbe (seit 1.4.1998 auch ein nichteheliches Kind) kann Zuweisungsempfänger sein. Ist dies weder der Ehegatte noch ein Abkömmling des Erblassers, so ist Voraussetzung, dass der Zuweisungsempfänger den Betrieb bewohnt und bewirtschaftet oder auch nur mitbewirtschaftet, § 15 Abs. 1 S. 2 GrdstVG.
c) Zuweisungsgegenstand
Rz. 342
Zugewiesen werden kann nur der ungeteilte Betrieb, § 13 Abs. 1 S. 1 GrdstVG. Ist eine Aufteilung in mehrere Betriebe, deren einzelne Teile ausreichend Erträge sichern, möglich, so können einzelne Teile verschiedenen Miterben zugewiesen werden, § 13 Abs. 1 S. 1 GrdstVG. Von der Zuweisung ausgenommen werden sollen solche Grundstücke, die nach Lage und Beschaffenheit in absehbarer Zeit anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, wie bspw. Rohbauland, Bauland, gewerbliche Grundstücke, Sand- und Steinbrüche.
Rz. 343
Von der Zuweisung mit umfasst werden können aber auch Zubehör, Nutzungsrechte sowie Kapital- und Geschäftsanteile, wenn diese zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Betriebes notwendig sind, § 13 Abs. 1 S. 3 GrdstVG.
d) Rechtswirkungen der Zuweisung
Rz. 344
Mit Rechtskraft der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts geht das Eigentum an den zugewiesenen Sachen und Rechten auf den Zuweisungsempfänger über, § 13 Abs. 2 GrdstVG. Die weichenden Miterben erhalten statt ihres Erbteils am landwirtschaftlichen Betrieb einen Abfindungsanspruch in Geld, der wertmäßig ihrem Anteil am Betrieb entspricht, § 16 Abs. 1 S. 1 GrdstVG. Bewertungsbasis für diese Abfindungsansprüche ist der Ertragswert des Hofes, § 16 Abs. 1 S. 2 GrdstVG, § 2049 Abs. 2 BGB.
OLG Düsseldorf in FamRZ 1986, 168:
Zitat
"Der Ertragswert ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ein bestimmtes Vielfaches des Reinertrags, der nicht nach dem Bewertungsgesetz ermittelt wird, sondern wegen der Besonderheit jedes Einzelfalls nach betriebswirtschaftlichen Jahresabschlüssen."
Rz. 345
Nach Art. 137 EGBGB kann § 2049 Abs. 2 BGB landesrechtlich ergänzt werden durch die Bestimmung eines Vervielfältigers des Reinertrags – meist das 25-Fache, aber auch das 18-Fache, wie z.B. in Bayern nach Art. 68 BayAGBGB, vg...