Rz. 1
Nach § 10 RVG kann der Anwalt seine Vergütung nur aufgrund einer ordnungsgemäßen Berechnung einfordern. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem früheren § 18 BRAGO, sodass insoweit auch auf die zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Rz. 2
Das RVG unterscheidet zwischen dem Entstehen der Vergütung, der Fälligkeit und der Einforderbarkeit.
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Die Vergütung entsteht mit der ersten Tätigkeit des Anwalts, also in der Regel mit der Entgegennahme der Information (vgl. z.B. Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV; Vorbem. 3 Abs. 2 VV; Vorbem. 4 Abs. 2 VV). |
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Fällig wird die Vergütung dagegen erst mit der Erledigung des Auftrags oder der Beendigung der Angelegenheit (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG) und in einem gerichtlichen Verfahren darüber hinaus unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 S. 2 RVG. |
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Einforderbar ist die Vergütung schließlich erst, wenn der Anwalt dem Auftraggeber eine formell ordnungsgemäße Berechnung nach § 10 RVG erteilt hat. |
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Der Ablauf der Verjährungsfrist wiederum beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Fälligkeit eingetreten ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Auf den Ablauf der Verjährung hat die Mitteilung der Berechnung keinen Einfluss (§ 10 Abs. 1 S. 2 RVG). |
Rz. 3
Die Vorschrift des § 10 RVG gilt nur dann, wenn der Anwalt eine nach dem RVG berechnete Vergütung einfordert. Sie gilt also nicht, wenn der Anwalt in anderer Funktion tätig geworden ist, z.B. in den Fällen des § 1 Abs. 2 RVG. Sie gilt auch nicht für einen Patentanwalt.
Rz. 4
Da die Mediation anwaltliche Tätigkeit ist, gilt § 10 RVG auch für sie. Das Gleiche gilt für eine Beratungs- und Gutachtentätigkeit, auch wenn sie gem. § 34 Abs. 1 S. 2 RVG nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts abzurechnen ist.
Rz. 5
Auf Vergütungsvereinbarungen findet § 10 RVG grundsätzlich ebenfalls Anwendung; es sei denn, aus der Vergütungsvereinbarung ergibt sich etwas anderes. Die Vorschrift des § 10 RVG ist in Abschnitt 1 des RVG "Allgemeine Vorschriften" enthalten und gilt daher nicht nur für die Abrechnung der gesetzlichen Vergütung, sondern auch für die Abrechnung einer vereinbarten Vergütung, unabhängig davon, wie die vereinbarte Vergütung zu berechnen ist.
Rz. 6
Für die Kostenerstattung spielt die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG keine Rolle. Die Vorschrift des § 10 RVG betrifft nur die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Auftraggeber des Anwalts und gilt nicht für den Bereich des materiellrechtlichen oder prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Im Kostenerstattungsverhältnis und -prozess sind die angefallenen Kosten lediglich nachzuweisen. Dies kann aber auch durch formlose Berechnungen geschehen. Der Kostenerstattungsschuldner kann sich noch nicht einmal darauf berufen, dass dem Auftraggeber vom Anwalt noch keine ordnungsgemäße Kostenberechnung nach § 10 RVG erteilt worden sei und damit der Vergütungsanspruch des Anwalts nicht durchsetzbar ist. Es ist Sache des Auftraggebers, ob er sich auf das Fehlen einer Kostenberechnung beruft oder nicht. Der Auftraggeber kann auch ohne Rechnung zahlen und dann Erstattung verlangen bzw. ohne Zahlung und ohne Erteilung einer Rechnung Freistellung verlangen. Die zum Teil vertretene Gegenauffassung ist daher unzutreffend. Ungeachtet dessen sollte der Anwalt den sichersten Weg gehen und eine ordnungsgemäße Rechnung erstellen, zumal er diese für die Buchführung ohnehin benötigt.
Rz. 7
Ebenso wenig muss einem Rechtsschutzversicherer eine nach § 10 RVG ordnungsgemäße Kostenberechnung vorgelegt werden. Nicht er, sondern der Versicherte ist Auftraggeber und dieser kann auf eine Berechnung verzichten. Der Rechtsschutzversicherer kann jedoch verlangen, dass ihm eine nachvollziehbare Aufstellung der Gebühren und Auslagen vorgelegt wird.