Rz. 2507

 

Rz. 2508

OLG Oldenburg[2355]

Fährt ein Pkw-Fahrer (1) bei grünem Wechsellichtzeichen in den Kreuzungsbereich ein und muss er wegen in der Kreuzung befindlicher entgegenkommender Linksabbieger ­zunächst anhalten, haftet er bei Kollision mit einem Verkehrsteilnehmer des Querverkehrs (2), der ebenfalls bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren ist und dem die Sicht durch einen Lieferwagen versperrt war, zu 80 % für den entstandenen Schaden wegen Verstoßes gegen § 11 StVO.

 

Rz. 2509

BGH[2356]

Es wird an der Regel festgehalten, dass ein Kraftfahrer (2), der bei Grünlicht in eine Kreuzung einfahren will, auch dann dem in der Kreuzung hängengebliebenen Querverkehr (1) ermöglichen muss, die Kreuzung zu räumen, wenn Fahrbahnen einer der sich kreuzenden Straßen durch Mittelstreifen getrennt sind. Dass zuweilen Linksabbieger des Gegenverkehrs dieses Vorrecht missbrauchen, ändert an dieser Regelung nichts.

 

Rz. 2510

KG[2357]

Die Grundsätze, nach denen einem Nachzügler bei einer durch Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung durch den eigentlich nunmehr bevorrechtigten Querverkehr das Verlassen der Kreuzung ermöglicht werden soll, gelten dann nicht, wenn der Nachzügler beim Wechsel der Lichtzeichen noch nicht den inneren Bereich der Kreuzung erreicht hat (sog. unechter Kreuzungsräumer). Der Nachzügler, der den Kreuzungsbereich bevorrechtigt räumen darf, darf nicht blindlings darauf vertrauen, dass er vorgelassen wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.5.1993 – 1 U 11692/92, BeckRS 2016, 2668), sondern hat den Kreuzungsbereich vorsichtig, unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Gegen- oder Querverkehrs mit Vorrang zu verlassen. Er darf dann nicht an- oder weiterfahren, wenn er sich nicht vergewissert hat, dass eine Kollision mit einfahrenden Fahrzeugen ausgeschlossen ist. Unterlässt der Abbiegende diese Vorsichtsmaßnahmen und kommt es zu einer Kollision mit einem bei grün fahrenden Fahrzeug, haftet der bei Grünpfeil eingefahrene – nunmewhr wartepflichtige – Fahrzeugführer zu 100 %.

 

Rz. 2511

KG[2358]

Wenn es zu einer Kollision eines Linksabbiegers mit einem Rechtsabbieger des Gegenverkehrs kommt, haftet der Rechtsabbieger zu 100 %. Zwar besteht grundsätzlich ein Anscheinsbeweis zugunsten des Rechtsabbiegers gegen den entgegenkommenden Linksabbieger hinsichtlich einer Sorgfaltspflichtverletzung nach § 9 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 StVO. Dieser greift aber nur, wenn eine typische Sachlage vorliegt. Es besteht kein Vorrang der Kreuzungsräumung. Der Bevorrechtigte ist nicht befugt, seinen Vorrang zu erzwingen.

 

Rz. 2512

KG[2359]

Ist der Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers bewiesen, während nicht festgestellt werden kann, dass der Linksabbieger im Gegenverkehr vor Aufleuchten des grünen Räumpfeils angefahren ist, haftet der Geradeausfahrer zu 100 %. Im Fall des Unfalls zwischen einem Geradeausfahrer und linksabbiegendem Gegenverkehr gilt, dass bei der Abwägung der Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensanteile nach §§ 17, 9 StVG, 254 BGB nur unstreitige, zugestandene oder bewiesene Tatsachen zugrunde zu legen sind und die Parteien im Bestreitensfall jeweils die Mitverursachung sowie das Verschulden der Gegenseite zu beweisen haben.

 

Rz. 2513

KG[2360]

Der Vorrang des Kreuzungsräumers bzw. Nachzüglers leitet sich (nur) aus § 11 Abs. 3 StVO ab. Für den Vorfahrtsberechtigten muss deshalb im Hinblick auf den Kreuzungsräumer eine besondere Verkehrslage erkennbar sein. Der Kreuzungsräumer muss sich über den Vorfahrtsverzicht des Berechtigten mit diesem verständigen. Ein Kreuzungsräumer haftet allein, wenn er ohne freie Sicht auf den von rechts kommenden Verkehr mit diesem kollidiert.

 

Rz. 2514

KG[2361]

In sog. Kreuzungsräumer-Fällen ist in einem weitläufigen Kreisverkehr, bei welchem nur die Einfahrt in den Kreis – nicht aber das Fahren im Kreis – durch Ampelanlagen geregelt ist, eine hälftige Haftungsverteilung anzunehmen.

 

Rz. 2515

KG[2362]

Kollidiert ein Nachzügler (1) auf einer durch Lichtzeichen geregelten Kreuzung mit einem bei Grün angefahrenen Fahrzeug des Querverkehrs (2), so beträgt i.d.R. die Haftungsteilung ⅓ zu ⅔ zugunsten des Nachzüglers. Das gilt auch, wenn der Nachzügler in der Kreuzung nach links abbiegen will.

 

Rz. 2516

OLG Hamm[2363]

Schaltet eine Ampel bereits seit längerer Zeit auf "grün", darf der bei "grün" eine Kreuzung Durchfahrende darauf vertrauen, dass die Kreuzung frei ist. Er muss mit Nachzüglern des Querverkehrs nicht mehr rechnen. Erkennt der bei "grün" einfahrende Fahrzeugführer den Rückstau des Linksabbiegerverkehrs, hätte der so genannte "Idealfahrer" i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG in dieser Situation an mögliche "Nachzügler" in der Kreuzung gedacht und seine Fahrweise entsprechend angepasst. Unter diesen Umständen haftet er bei einer Kollision aus der Betriebsgefahr seines Kfz zu ¼.

 

Rz. 2517

OLG Hamm[2364]

Wird ein Kraftfahrer (1), der beim Einfahren in eine Kreuzung die für ihn maßgebliche Ampel bei Grün passiert hat, von Linksabbiegern aufgehalten, die den Gegenverkehr abwarten, und stößt er dann nach seinem erneuten Anfahren m...

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