Rz. 174
Rz. 175
KG
Ein Pkw-Fahrer (1), der sich zuerst rechts eingeordnet hat und nach rechts abbiegt, ohne dass Fahrstreifen für Rechtsabbieger markiert sind, ist berechtigt, auf den ersten freien markierten Fahrstreifen der Straße einzufahren, in die er einbiegt. Wenn er hieran durch einen parallel mit ihm abbiegenden Lkw (2) gehindert wird, hat dieser den bei der Kollision entstehenden Schaden zu 100 % zu tragen. Da sich der Fahrer des Lkw (2) nicht möglichst weit rechts vor dem Einbiegen eingeordnet hatte und keine Abbiegespuren markiert waren, traf ihn gegenüber dem rechts fahrenden Pkw (1) eine erhöhte Sorgfaltspflicht.
Rz. 176
BGH
Der Fahrer eines Kfz (1) haftet für einen Unfall zu 100 %, wenn er nach dem Abbiegen nicht in seiner rechten Spur bleibt, sondern auf die linke Spur wechselt und hierbei mit einem anderen Fahrzeug (2) zusammenstößt, das seinerseits von der linken Abbiegespur auf die linke Spur abgebogen war. Die Betriebsgefahr dieses Fahrzeugs tritt hinter die Haftung aus Verschulden des Fahrers (1) insgesamt zurück. Richtungspfeile unmittelbar vor einer Kreuzung oder Einmündung schreiben nach § 42 Abs. 2 StVO die künftige Fahrtrichtung auf der folgenden Einmündung oder Kreuzung vor, wenn zwischen ihnen Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295) oder Leitlinien (Zeichen 340) angebracht sind. Dem am weitesten rechts eingeordneten Fahrzeug kann jedoch dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße durch Richtungspfeile geboten ist. Der Massenverkehr erlaubt in dieser Situation das Fahren in mehreren Reihen nebeneinander, ohne zu überholen oder sich stets vor dem weiter rechts Fahrenden einordnen zu müssen. Dem entspricht § 7 Abs. 3 StVO. An die Stelle des Rechtsfahrgebots tritt die Pflicht zum Spurhalten. Da für das Vorhandensein mehrerer Fahrspuren die zum Fahren eines mehrspurigen Fahrzeugs erforderliche Breite entscheidend ist und nicht das Vorhandensein von Fahrbahnmarkierungen, stellt der Wechsel von einer in die andere Fahrspur während des Abbiegevorgangs nur im Hinblick auf das Queren des nicht markierten Kreuzungsbereichs und die allgemeine Änderung der Fahrtrichtung keinen Spurwechsel im Sinne von § 7 Abs. 5 StVO dar. Doch ist über § 1 Abs. 2 StVO die für den Spurwechsel geltende Sorgfalt auch für den Fall anwendbar, der eine besondere Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich bringt. Außerdem ist der rechts eingeordnete Fahrzeugführer durch das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 2 StVO gehalten, beim Abbiegen die ihm mögliche rechte Position einzunehmen. Nur wenn der linke Fahrzeugführer besondere Sorgfalt walten lässt und den rechts neben ihm befindlichen Verkehr beobachtet, der sich seinerseits so weit wie möglich rechts zu halten hat, kann ein paralleles Abbiegemanöver zügig und gefahrlos für die Beteiligten durchgeführt werden. In der konkreten Situation durfte Fahrer (2) wegen der nach rechts und nach links weisenden Richtungspfeile auf der markierten mittleren Spur der Stadtautobahn nach rechts parallel zu dem auf der rechten Fahrbahn abbiegenden Fahrer (1) abbiegen. Auf Grund des nach rechts weisenden Richtungspfeils auf der mittleren Fahrspur vor der Kreuzung musste der Fahrer (1) damit rechnen, dass Fahrer (2) abbiegen und die Fahrt auf dem linken Fahrstreifen nach dem Abbiegen fortsetzen werde. Er hatte deshalb seine Fahrweise darauf einzustellen und durfte nicht ohne Rücksicht auf den links vor ihm fahrenden Wagen abbiegen.
Rz. 177
KG
Biegen zwei Fahrzeuge aus einer Straße mit einer Linksabbiegespur in eine Straße mit zwei Fahrstreifen in eine Richtung ein, kann der zuerst Abbiegende dort den Fahrstreifen frei wählen. Will ein Fahrzeugführer noch während des Abbiegens das langsamere Fahrzeug überholen, muss er hiermit warten, bis sich der vorausfahrende Fahrzeugführer in einen der beiden Fahrstreifen eingeordnet hat. Erst dann ist klar, welchen Fahrstreifen er zum Überholen wählen kann. In der Regel ist das Abbiegen nach links erst etwa 15 oder 20 m nach dem Einsetzen der Fahrstreifenmarkierungen beendet. Bis dahin hat der zuerst Abbiegende "Vorrang". Der Überholende haftet deshalb zu 100 %.
Rz. 178
KG
Der Führer eines Linienbusses (1) muss den Abbiegevorgang nach rechts im Kreuzungsbereich abbrechen, sobald hierdurch ein links parallel zu ihm abbiegendes Kfz (2) gefährdet wird, das nach der Verkehrsregelung gleichfalls abbiegen, aber nicht ausweichen kann. Bei Kollision mit dem ausscherenden Busheck haften Fahrer und Halter des Busses (1) zu 100 %.
Rz. 179
OLG Hamm
Kommt es nach zweispurigem Abbiegen bei zweistreifiger Fortführung des Verkehrs in Fahrtrichtung am Anfang der nunmehr befahrenen Straße zu einer Kollision zwischen einem Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen und einem solchen, dessen Fahrzeugführer an einem auf dem rechten Fahrstreifen stehenden Pkw vorbeifahren will und deshalb auf den linken Fahrstreifen wechselt, ist die Betriebsgefahr des spurtreuen Fahrzeugs zu vernachlässigen. Di...