Rz. 367

Erhebt der Antragsgegner gegen den Mahnbescheid Widerspruch oder reagiert er auf den Vollstreckungsbescheid mit einem Einspruch, wird die Auseinandersetzung im streitigen Erkenntnisverfahren fortgesetzt. Gleiches gilt, wenn nach einem Widerspruch der Antragsteller das Verfahren nicht weiterbetreibt, aber der Antragsgegner seinerseits den weiteren Gerichtskostenvorschuss zahlt und die Abgabe an das Streitgericht beantragt.[711] Hier erhält der Rechtsanwalt zunächst die Gebühren nach Nrn. 3100 und 3104 VV RVG, d.h. eine 1,3-Verfahrengebühr (Nr. 3100 VV RVG) und eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG). Die frühere Streitfrage, ob es sich bei dem Mahnverfahren und dem anschließenden Streitverfahren um zwei Angelegenheiten handelt, ist in diesem Sinne durch § 17 Abs. 2 RVG entschieden.

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG ist dann ebenso wie die Terminsgebühr nach der Vorbem. 3.3.2 i.V.m. Nr. 3104 VV RVG und Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG grundsätzlich nach den jeweiligen Anmerkungen zu den Gebührenziffern[712] auf die entsprechenden Gebühren des nachfolgenden streitigen Verfahrens anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt bereits im gerichtlichen Mahnverfahren tätig war. Demgegenüber bleiben die 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV RVG sowie die Auslagen nach Teil 7 VV RVG aus dem gerichtlichen Mahnverfahren mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung anrechnungsfrei.

 

Hinweis

Anzurechnen ist die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Mahnverfahren auf die nachfolgende Verfahrensgebühr im gerichtlichen Erkenntnisverfahren nur insoweit, wie die Gegenstände identisch sind.[713]
Sofern es aufgrund einer Teilzahlung oder der Berücksichtigung berechtigter Einwendungen im Klageverfahren zu einem geringeren Streitwert kommt, wird die geringere Terminsgebühr im streitigen Verfahren durch die Anrechnung der höheren Terminsgebühr aus dem Mahnverfahren ebenfalls vollständig konsumiert. Allerdings verbleibt umgekehrt dem Rechtsanwalt die Differenz der höheren Terminsgebühr im gerichtlichen Mahnverfahren.

Dies gilt allerdings nach § 13f S. 3 RDG nicht, wenn zunächst ein Inkassodienstleister beauftragt wurde, der die Forderung vorgerichtlich einzuziehen versucht hat und dann im gerichtlichen Mahnverfahren und insoweit innerhalb seiner Postulationsfähigkeit nach §§ 3, 10 RDG und § 17 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO tätig wurde. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung muss der Schuldner die Mehrkosten, die sich aus der zu unterlassenden Anrechnung ergeben tragen, wenn der die Forderung erst nach der Beauftragung eines Inkassodienstleisters bestritten hat und das Bestreiten Anlass für die Beauftragung eines Rechtsanwalts gegeben hat. Dies ist der Fall, wenn er erstmals mit dem Widerspruch oder dem Einspruch im gerichtlichen Mahnverfahren die Berechtigung der Forderung bestreitet und deshalb die Ursache für die Beauftragung des im Klageverfahren allein postulationsfähigen Rechtsanwaltes gesetzt hat. Es wäre dem Schuldner zuzumuten gewesen, bereits auf die Mahnungen des Gläubigers und damit vor Beauftragung eines Rechtsdienstleisters seine Einwendungen und Einreden vorzubringen.

 

Hinweis

Insoweit begründet § 13f S. 3 RDG eine Ausnahme von den Grundsätzen des § 13f S. 1 und 2 RDG, wonach bei einem Bearbeiterwechsel innerhalb der gleichen Angelegenheit grundsätzlich nur die Kosten zu erstatten sind, die bei Beauftragung eines Rechtsdienstleisters entstanden wären. Die ältere Rechtsprechung und Literatur, wonach Mehrkosten nicht zu erstatten sind,[714] ist also durch die differenzierte Regelung in § 13f RDG überholt.

[711] OLG Sachsen-Anhalt, AGS 2012, 122 m. Anm. Schneider.
[712] Anm. zu Nr. 3305 und Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV RVG.
[713] OLG München, AGS 2013, 512.
[714] Vgl. etwa Palandt, § 286 Rn 46.

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