Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 153
Der Ersatzvermächtnisnehmer tritt an die Stelle des zunächst Bedachten, wenn dieser vor oder nach dem Anfall des Vermächtnisses wegfällt. Fällt er nach dem Anfall des Vermächtnisses weg, muss dies mit Rückwirkung auf den Anfall geschehen. Fällt er zwischen dem Erbfall und dem Anfall des Vermächtnisses weg, kommt der Ersatzvermächtnisnehmer allerdings nur dann zum Zuge, wenn die Vererblichkeit der Vermächtnisanwartschaft ausgeschlossen ist.
Wurde kein Ersatzvermächtnis angeordnet, wird das Vermächtnis unwirksam und der Beschwerte unbeschränkter Vollerbe. Das Gleiche gilt, wenn der Bedachte vor dem Erbfall stirbt (§ 2160 BGB).
Stirbt der Vermächtnisnehmer jedoch nach dem Erbfall, kann der Beschwerte wieder unbeschränkter Vollerbe werden, wenn die Vermächtnisanwartschaft nicht vererblich ist. Hier besteht die Gefahr, dass die ausgeschlossenen Personen möglicherweise über den unbeschränkten Vollerben am Nachlass des Erblassers teilhaben. Damit wäre der Zweck der Vermächtnislösung ausgehöhlt.
Sind mehrere Vermächtnisnehmer bestimmt, denen derselbe Gegenstand vermacht ist, kann der Beschwerte wegen der eintretenden Anwachsung nach § 2158 BGB aber nicht unbeschränkter Vollerbe werden. Stirbt ein Mitvermächtnisnehmer nach § 2158 BGB zwischen dem Erbfall und dem Anfall des Vermächtnisses, kann es auch nur dann zu einer Anwachsung kommen, wenn die Vermächtnisanwartschaft nicht vererblich ist.
Bestimmt der Erblasser einen seiner Abkömmlinge zum Vermächtnisnehmer, sind gemäß § 2069 BGB im Zweifel die Abkömmlinge des Bedachten als Ersatzvermächtnisnehmer berufen. Hat der Vermächtnisnehmer jedoch keine eigenen Abkömmlinge oder kommen diese aus anderen Gründen nicht zum Zuge, kann auch die Auslegungsregel des § 2069 BGB nicht greifen. Es kommt nur dann zu einem Ersatzvermächtnis, wenn der Erblasser dies ausdrücklich bestimmt hat.
Hat der Erblasser ein Nachvermächtnis im Sinne des § 2191 BGB angeordnet, so ist die Einsetzung eines Ersatzvermächtnisnehmers für den Wegfall des ursprünglichen Vermächtnisnehmers nicht notwendig. Aus § 2191 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2102 Abs. 1 BGB ergibt sich nämlich, dass im Zweifel der zum Nachvermächtnisnehmer Eingesetzte als Ersatzvermächtnisnehmer berufen ist. Das Vermächtnis kann allerdings nur dann mit dem Tod des beschwerten Erben anfallen, wenn der als Nachvermächtnisnehmer Eingesetzte zu diesem Zeitpunkt bereits bestimmbar vorhanden ist. Ist dem nicht so, kommt § 2178 BGB entsprechend zur Anwendung. Der Anfall erfolgt dann erst mit der Geburt beziehungsweise mit dem Eintritt des Ereignisses, das die Persönlichkeit des Nachvermächtnisnehmers bestimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist folglich auch eine Teilhabe der unerwünschten Personen am Nachlass möglich. Konsequenterweise sollte deshalb neben der Anordnung eines Nachvermächtnisses ausdrücklich ein Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt werden. Dieser sollte allerdings in einer Art und Weise bezeichnet werden, dass er beim Tod des beschwerten Erben auch bestimmbar existent ist.