Der Mandant erscheint mit dem notariellen Entwurf einer Erbauseinandersetzungsvereinbarung, die ein Miterbe beim Notar hat entwerfen lassen. Der Mandant beauftragt den Anwalt, ihn zu beraten. Er möchte, dass der Anwalt ihm die rechtlichen Auswirkungen der Auseinandersetzungsvereinbarung erläutert und ihn berät, ob er der Vereinbarung zustimmen soll. Der Anwalt prüft die Vereinbarung und rät dem Mandanten zum Abschluss, woraufhin dieser der Auseinandersetzungsvereinbarung zustimmt. Der Wert des Nachlasses beläuft sich auf 200.000,00 EUR. Der Mandant ist Miterbe zu 1/4.
In diesem Fall dürfte noch kein Geschäftsauftrag vorliegen. Zwar erhält der Anwalt für die Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrags gemäß Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG eine Geschäftsgebühr, auch wenn er nicht nach außen hin in Erscheinung tritt. Voraussetzung ist aber, dass der Auftrag auch dahin geht, an der Gestaltung des Vertrages mitzuwirken. Soll der Anwalt lediglich über einen fertigen Vertragsentwurf beraten, ohne dass ihm der Auftrag erteilt worden ist, gegebenenfalls auch auf den Inhalt Einfluss zu nehmen oder will der Mandant gegebenenfalls Nachverhandlungen selbst durchführen, dürfte lediglich von einer Beratungstätigkeit nach § 34 RVG auszugehen sein. Da hier keine Vereinbarung getroffen worden ist, wäre also maximal eine Gebühr nach § 34 Abs. 1 S. 3 RVG i.H.v. 250,00 EUR für die Beratung geschuldet.
Da der Anwalt aber dem Mandanten den Rat erteilt hat, die Vereinbarung abzuschließen und der Mandant diesem Rat gefolgt ist, hat der Anwalt auch an der Einigung mitgewirkt. So ist anerkannt, dass das bloße Abraten von einem Vergleichswiderruf schon die Einigungsgebühr auslöst. Umgekehrt muss dann aber auch eine Einigungsgebühr ausgelöst werden, wenn der Mandant zum Abschluss einer vorgelegten Einigung rät. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anwalt mit seinem Rat, der Mandant sollte die Einigung abschließen, auch die Haftung für den Inhalt der Einigung übernimmt. Stellt sich später heraus, dass die Einigung für den Mandanten nachteilig ist und der Anwalt darüber nicht aufgeklärt hat, haftet er gegebenenfalls auf Schadensersatz (so z.B., wenn er steuerliche Konsequenzen falsch eingeschätzt hat).
Dem Anwalt steht im Beispiel also auch eine Einigungsgebühr zu. Diese berechnet sich im Gegensatz zur Beratungsgebühr nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG). Der Gegenstandswert ergibt sich hier aus § 23 Abs. 3 S. 1 RVG i.V.m. § 40 GNotKG und richtet sich nach dem Wert des Erbteils, also nach 50.000,00 EUR.
1. |
Beratungsgebühr, § 34 RVG i.V.m. §§ 670, 675 BGB |
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250,00 EUR |
2. |
1,5-Einigunggebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert: 50.000,00 EUR) |
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1.918,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.188,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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415,82 EUR |
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Gesamt |
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2.604,32 EUR |