Rz. 269

Der gesetzliche Anspruch auf Klärung der Abstammung nach § 1598a BGB soll ermöglichen, auf offenem Weg und ohne weitere rechtliche Voraussetzungen, die genetische Abstammung zu klären.[293] Damit wird der Einholung "heimlicher Gutachten" weitgehend der Nährboden entzogen.

 

Rz. 270

Das Interesse an einer solchen Klärung ist aber möglicherweise nicht nur beim Vater, sondern auch bei dem betroffenen Kind und, in manchen Fällen auch bei der Mutter vorhanden. Aus diesem Grund sind alle drei Beteiligten Anspruchsinhaber.

 

Rz. 271

Der Anspruch auf Klärung der Abstammung kann im Weigerungsfall anderer Beteiligter nötigenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden.[294] Abs. 2 des § 1598a BGB sieht vor, dass das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen hat.[295]

 

Rz. 272

Im Verfahren nach § 1598a BGB soll das Gericht die beiden Elternteile und das Kind anhören, sofern dieses das 14. Lebensjahr vollendet hat. Das Gericht hat dadurch auch die sicher häufig erfolgreiche Möglichkeit, auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken, § 156 FamFG.

 

Rz. 273

Grundsätzlich ist aber auf die Belange des Kindeswohls Rücksicht zu nehmen. Abs. 3 des § 1598a BGB ermöglicht eine Aussetzung des Verfahrens, "wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre".

 

Rz. 274

 

Hinweis

Ein Antrag auf Klärung der Abstammung unterliegt daher in keinem Fall der Abweisung. Das Verfahren kann lediglich unter bestimmten Voraussetzungen aufgeschoben, "ausgesetzt" werden.

Der Gefahr einer Titulierung und Durchsetzung des Anspruchs "zur Unzeit" soll begegnet werden.[296]

Wann diese Voraussetzungen vorliegen, wird tatrichterlicher Entscheidung unterliegen.

 

Rz. 275

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es hierzu allgemein, dass das Kind "stabil genug sein muss, um eine solche Information (über die Abstammung, d. Verf.) verkraften zu können."[297]

Genannt werden in der Begründung des Gesetzentwurfs darüber hinaus Gründe, die das Kind psychisch und/oder physisch außergewöhnlich belasten wie z.B. eine Suizidgefahr oder die Gefahr der gravierenden Verschlechterung einer bereits bestehenden schweren Krankheit.[298]

 

Rz. 276

Die Dauer der Aussetzung ist vom Einzelfall abhängig. Ist beispielsweise ein Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen des § 1598a Abs. 3 BGB eingeholt worden, liegt es nahe, die Aussetzung entsprechend zu befristen. Allerdings kann auch zunächst ausgesetzt und in regelmäßigen Abständen von Amts wegen überprüft werden, ob der Aussetzungsgrund noch besteht. Unabhängig davon kann der Anspruchsberechtigte jederzeit anregen, das Verfahren wieder aufzunehmen, wenn er der Auffassung ist, dass die Aussetzungsgründe entfallen sind.

 

Rz. 277

Gegen die Entscheidung zur Duldung der Probeentnahme steht dem verweigernden Beteiligten das Recht der Beschwerde zu.

Auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs ist möglich und nur dann ausgeschlossen, wenn die Art der Probeentnahme der zu untersuchenden Person "nicht zugemutet" werden kann. Das ist dann der Fall, wenn gesundheitliche Schäden für den zu Untersuchenden zu befürchten sind.[299]

 

Rz. 278

Über die Berechtigung der Verweigerung einer Untersuchung entscheidet das Gericht, das auch über die Frage der Einwilligung des Betroffenen entschieden hat, und zwar nach Anhörung der Beteiligten.

Insgesamt hat die Klärung der Abstammung aber keinerlei weitere Konsequenzen. Die bestehenden rechtlichen Bindungen bleiben unberührt.

 

Rz. 279

Muster 2.29: Antrag auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung

 

Muster 2.29: Antrag auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung

In der Familiensache

betr. die Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung des Kindes K. B., geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft

am Verfahren beteiligt:

1.

Der Vater des Kindes A. B. _________________________ geb. am _________________________.in _________________________, wohnhaft _________________________

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

2. Die Mutter des Kindes, B. B. _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________
3.

Das betroffene Kind K. B. _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________

vertreten durch einen noch gerichtlich zu bestellenden Ergänzungspfleger

zeige ich unter Vorlage auf mich lautender Vollmacht die Vertretung des Antragstellers an.

Namens und in Vollmacht des Antragstellers wird beantragt,

1. Die Einwilligung der Beteiligten zu 2. Und 3. In die Untersuchung der genetischen Abstammung der Verfahrensbeteiligten zu 3, des Kindes K. B., geb. am _________________________, wird ersetzt und ...

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