(1) Unterhaltstatbestand
Unterhaltstatbestand und damit Anspruchsgrundlage für den Kindesunterhalt ist § 1601 BGB, wonach Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt (Deszendentenunterhalt) richtet sich grundsätzlich gegen beide Eltern. Ohne Bedeutung ist dabei die Frage, ob den Eltern jeweils das Recht der elterlichen Sorge zusteht.
Grundsätzlich sind Unterhaltsansprüche von Minderjährigen und Volljährigen identisch. Daher gilt ein zurzeit der Minderjährigkeit eines Kindes ergangener Unterhaltstitel fort, wenn das Kind volljährig wird.
(2) Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten
Nach § 1602 BGB ist nur derjenige unterhaltsberechtigt, der außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, also unterhaltsbedürftig ist.
Solange Kinder keine eigene Lebensstellung erreicht haben, sind sie regelmäßig unterhaltsbedürftig. Dagegen ist das volljährige und nicht mehr betreuungsbedürftige Kind grundsätzlich für sich selbst verantwortlich und muss eigenständig für seinen Lebensunterhalt sorgen. Anderes gilt nur in zwei Fällen, nämlich
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bei Absolvierung einer staatlich anerkannten Berufsausbildung sowie |
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bei unverschuldeter Notlage. |
Das volljährige Kind muss deshalb außer Stande sein seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf gem. § 1610 BGB ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln z.B. eigenem Vermögen oder aus eigenen Kräften zu decken, z.B. wegen Unmöglichkeit eine Erwerbstätigkeit auch durch einfachste Tätigkeiten.
(3) Angemessener Unterhaltsbedarf des Berechtigten, §§ 1610, 1612 a bis c, 1606 BGB
Der angemessene Unterhaltsbedarf wird geprägt durch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Diese bestimmen die Lebensstellung des Kindes und damit das Maß des ihm zustehenden Unterhalts.
Während im Rahmen des Aszendentenunterhalts, also des Unterhaltsanspruchs von Eltern gegenüber ihren Kindern, eine eigenständige Bestimmung des Lebensbedarfs vorzunehmen ist, leitet das Kind im Rahmen des Deszendentenunterhalts seinen Lebensbedarf regelmäßig aus der abgeleiteten Lebensstellung der Eltern her. Das Kind muss deshalb z.B. in der Regel Einkommensminderungen des Unterhaltsschuldners hinnehmen und nimmt umgekehrt an Steigerungen des Einkommens teil.
Anders ist dies bei volljährigen Kindern. Haben diese bereits eine eigene Lebensstellung erreicht und sind unterhaltsbedürftig, teilen sie nicht die Lebensstellung ihrer Eltern. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich konkret nach der eigenen Lebensstellung.
Zur Bestimmung dieses angemessenen Lebensbedarfs werden Pauschalsätze herangezogen. Solche Pauschalsätze können nach ständiger Rechtsprechung Tabellen/Leitlinien entnommen werden. Grundlage ist die Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt, die auf dem gem. § 1612a Abs. 1 BGB geltenden Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes beruht. Dieser orientiert sich wiederum an dem in § 32 Abs. 6 EStG normierten einkommensteuerlichen Existenzminimum. Die Grundlage bildet das sog. sächliche Existenzminimum, das von der Bundesregierung im Abstand von zwei Jahren im sog. Existenzminimum-Bericht ermittelt und ausgewiesen wird.
(4) Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
Unterhaltspflichtig ist derjenige Elternteil, der bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen im Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, § 1603 Abs. 1 BGB.
Unterhaltspflichtig ist dabei nicht, wer außer Stande ist, ohne Gefährdung seines sog. Eigenbedarfs (Selbstbehalt) den vollen Unterhalt zu gewähren. Haften Eltern nach § 1603 Abs. 2 S. 1, 2 wegen ihrer Verpflichtung gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern verschärft, müssen sie alle verfügbaren Mittel gleichmäßig für den eigenen Unterhalt und den Unterhalt ihrer minderjährigen oder diesen gleichgestellten, privilegiert volljährigen Kindern verwenden. Verfügbar sind aber Mittel außerhalb des Existenzminimums.
(5) Begrenzungen des Anspruchs
Der Unterhaltsanspruch kann aus den folgenden Gründen begrenzt sein:
(6) Sonstige Fragen, z.B. Ersatzhaftung und Forderungsübergang, § 1607 BGB
So hat ein weiterer Verwandter Unterhalt zu leisten, wenn der vor ihm Haftende leistungsunfähig nach § 1603 BGB ist.
Ebenso gewährt § 1603 Abs. 3 BGB unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 auch bei Zahlungen auf freiwilliger Basis einen Forderungsübergang.
Derartige Fragen von Ersatzhaftung und Forderungsübergang können abschließend zu prüfen sein.