Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 320
Es benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn die Zusage einer Erfolgsvergütung an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Fälligkeit geknüpft wird. Denn ein entstandener Anspruch kann nicht durch eine Stichtagsklausel wieder entzogen werden; dies gilt auch für Stichtagsregelungen in einer Betriebsvereinbarung.
Rz. 321
Die zu erreichenden Ziele können festgelegt werden entweder durch einseitige Vorgabe durch den Arbeitgeber (im Wege billigen Ermessens – Zielvorgabe). oder aufgrund der (einvernehmlichen) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Zielvereinbarung).
Aus praktischer Sicht liegt der Vorteil der Betriebsvereinbarung zum einen in der größeren "Richtigkeitschance" wegen der weniger intensiven rechtlichen Kontrolle. Zum anderen dürfte von allgemeinen Zielparametern, die im Rahmen einer Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen durch den Betriebsrat festgelegt wurden, ähnlich wie von einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegten Zielen, ein stärkerer Motivationseffekt ausgehen als von einseitig durch den Arbeitgeber festgelegten/vorgegebenen Zielen.
Rz. 322
Versäumt es der Arbeitgeber, eine Zielvorgabe für die jeweilige Bezugsperiode festzulegen bzw. verschuldet es der Arbeitgeber, dass es zu keiner oder einer unwirksamen Einigung über die zu erreichenden Ziele im Zuge einer Zielvereinbarung kommt, steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Schadensersatz zu, §§ 280 Abs. 1, 3 i.V.m. §§ 283 S. 1, 252 BGB. Dabei ist zu beachten, dass die Rechtsprechung auch bei der im Muster vorgesehenen Regelung, dass die Ziele "gemeinsam mit dem Mitarbeiter" festzulegen sind, die alleinige Initiativpflicht beim Arbeitgeber sieht. Zur Berechnung des entgangenen Gewinns als Schaden zieht das BAG § 252 BGB als Beweiserleichterung i.S.d. § 287 ZPO heran. Bei der Schätzung des Schadens ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Es besteht damit mindestens Anspruch auf die Leistungen, die bei 100 %-Zielerreichung gewährt worden wären. Ein etwaiges Mitverschulden des Arbeitnehmers ist zu berücksichtigen, falls diesen auch ein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung trifft. Nimmt z.B. der Arbeitnehmer ein Angebot des Arbeitgebers zur Fortführung einer abgelaufenen Zielvereinbarung nicht an, kann das Verschulden des Arbeitgebers zum Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung ausgeschlossen sein.
Rz. 323
Das Muster sieht ein zweistufiges Zielfestlegungsverfahren vor. Damit soll der Gefahr begegnet werden, dass im Falle des Scheiterns der Zielvereinbarungsgespräche der Arbeitnehmer aus Schadensersatzgesichtspunkten Anspruch auf jedenfalls erhebliche Teile des Bonus hat. Scheitert die Zielvereinbarung, kann der Arbeitgeber auf der zweiten Stufe einseitig Ziele vorgeben. Dies erhöht die Chance, dass ein Schadensersatzanspruch vermieden werden kann. Zudem besteht so die Möglichkeit, eine Steuerungswirkung zu erreichen. Um die Fehleranfälligkeit zu vermeiden, ist vorgesehen, dass die Festlegung sich an den Zielen des Vorjahres orientieren soll. Dies ist dort geeignet, wo nur Zielgrößen (z.B. Verkaufszahlen) anzupassen sind.