Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 489
Die Einführung einer einheitlichen Dienstkleidung im Betrieb unterliegt gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats. Gegenstand dieses Mitbestimmungsrechts ist die Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer im Betrieb. Daher sind Maßnahmen mitbestimmungspflichtig, durch die der Arbeitgeber in Ausübung seiner Ordnungsmacht bestimmt, welche Arbeiten in welcher Art und Weise zu verrichten sind. Mitbestimmungsfrei sind dagegen nur Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird. Die Festlegung einer einheitlichen Dienstkleidung betrifft die Art und Weise der Verrichtung der Arbeit und ist damit eine Maßnahme, die Fragen der Ordnung des Betriebs betrifft und deshalb gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist. Nach Ansicht des LAG Nürnberg hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch ein Initiativrecht hinsichtlich der Einführung von Dienstkleidung. Der Betriebsrat könne auch dann das Tragen einer einheitlichen Dienstkleidung – einschließlich deren Anschaffung auf Kosten des Arbeitgebers – verlangen und dies über die Einigungsstelle erzwingen, wenn der Arbeitgeber selbst das Tragen einer Dienstkleidung nicht verlangt.
Rz. 490
Von der Dienstkleidung, die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern vorschreibt, um einen einheitlichen Auftritt des Unternehmens zu gewährleisten, ist die Schutzkleidung zu unterscheiden, die an bestimmten Arbeitsplätzen zum Schutz gegen Unfälle oder Berufskrankheiten getragen und durch Unfallverhütungsvorschriften vorgeschrieben wird. Beide gehören zu der sog. Arbeitskleidung im weiteren Sinn, zu der auch die Berufskleidung etwa von Köchen oder Krankenschwestern und die von den Arbeitnehmern zur Schonung ihrer eigenen Kleidung getragene Arbeitskleidung im engeren Sinn gehören. Anders als bei der vom Arbeitgeber selbst vorgeschriebenen Dienstkleidung hat der Betriebsrat bei der Einführung einer Schutzkleidung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht, soweit das Tragen der Schutzkleidung etwa durch Unfallverhütungsvorschriften zwingend vorgeschrieben ist.
Rz. 491
Für die Einführung einer einheitlichen Dienstkleidung ist regelmäßig der örtliche Betriebsrat zuständig, weil die Maßnahme Fragen der Ordnung des Betriebs betrifft und daher betriebsbezogen zu regeln ist. Demgegenüber hat das BAG für die Regelung einer einheitlichen Dienstkleidung des Bodenpersonals eines deutschlandweit tätigen Luftfahrtunternehmens den Gesamtbetriebsrat als gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig angesehen, weil das mit der Vereinheitlichung verfolgte Ziel, das Bodenpersonal des Arbeitgebers gegenüber den Fluggästen besonders kenntlich zu machen und es von dem Personal anderer Fluggesellschaften zu unterscheiden, nur durch eine unternehmenseinheitliche Regelung erreicht werden könne. Die Betriebsparteien können in einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, durch die zur Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes des Unternehmens eine einheitliche Dienstkleidung eingeführt wird, nicht regeln, dass sich die Arbeitnehmer an den Kosten für die Gestellung der Dienstkleidung zu beteiligen haben. Die Betriebspartner haben nur hinsichtlich der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb eine gesetzliche Regelungskompetenz. Ein Mitbestimmungsrecht über die anlässlich einer Regelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG anfallenden Kosten ist dem Gesetz hingegen nicht zu entnehmen. Die Kosten sind vielmehr von demjenigen zu tragen, in dessen Sphäre sie anfallen. Verursacht die Regelung eines mitbestimmungspflichtigen Tatbestandes zusätzliche betriebliche Kosten, so hat diese, wie alle Betriebskosten, grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Die Betriebspartner können allerdings nach der Rechtsprechung des BAG im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gemäß § 88 BetrVG Regelungen über die Tragung der Kosten einer einheitlichen Personalkleidung treffen. Falls diese Regelungen eine Kostenbeteiligung der Arbeitnehmer an der zur Verfügung gestellten Dienstkleidung vorsehen, greift die entsprechende Verpflichtung belastend in die individualvertraglichen Rechte der betroffenen Arbeitnehmer ein und ist deshalb nach dem Günstigkeitsprinzip unwirksam. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Arbeitsverträge eine Öffnung gegenüber Betriebsvereinbarungen enthalten. In den Fällen der sog. Betriebsvereinbarungsoffenheit findet das Günstigkeitsprinzip keine Anwendung.
Rz. 492
Die Einführung einer einheitlichen Dienstkleidung durch eine Betriebsvereinbarung verletzt als solche nicht das durch § 75 Abs. 2 BetrVG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die vom Arbeitgeber angestrebte Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes des Unternehmens durch die Einführung einheitlicher Dienstkleidung rechtfertigt eine mögliche Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichk...