Rz. 205
Das OLG Nürnberg hat schon früh die Ansicht vertreten, dass ein Rechtsanwalt verpflichtet sei, vor Klageerhebung zu klären, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist, sowie den Mandanten nach Aufklärung über das Kostenrisiko entscheiden zu lassen, ob ein Klageauftrag unabhängig von einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung erteilt wird. Gegen diese Auffassung spricht zwar, dass ein Rechtsanwalt grds. gerade nicht verpflichtet ist, den Auftraggeber von sich aus über die anfallenden Kosten aufzuklären (vgl. Rdn 193). Deshalb kann man argumentieren, dass der Auftraggeber auch nicht erwarten könne, dass der Rechtsanwalt sich ungefragt nach dem Bestehen einer Rechtsschutzversicherung erkundigt. Hierauf hinzuweisen wäre danach eine Obliegenheit des Auftraggebers, die dieser auch unschwer erfüllen könne. Nicht nur ebenso unschwer, sondern leichter kann freilich der Anwalt entsprechende Nachfrage halten. Für ihn liegt das Problem – anders als für viele Mandanten – auf der Hand. Bei der heute weit verbreiteten Rechtsschutzversicherung muss man inzwischen verlangen, dass der Anwalt, v.a. bevor er den üblichen Kostenvorschuss verlangt, mit einer Frage das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung abklärt. Er wird dies häufig ohnehin zur Absicherung des Honoraranspruchs tun, freilich aus eigenem Interesse. Wenn der Auftraggeber den Rechtsanwalt über das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung informiert hat, hat dieser bei entsprechendem Auftrag die Deckung für den streitigen Fall zu prüfen. Er darf regelmäßig vor der Kostenzusage des Versicherers nur dann Klage erheben, wenn der Mandant ihn damit ausdrücklich beauftragt und dieser weiß, dass er damit Gefahr läuft, die Kosten des Rechtsstreits selbst tragen zu müssen. Ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages liegt allein durch die Übersendung eines Vollmachtformulars nicht vor, wenn das Tätigwerden des Anwalts abhängig gemacht wurde vom Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung und diese Zusage letztlich nicht erteilt wurde. Wird er vom Mandanten hierzu beauftragt, hat der Anwalt die Deckungszusage des Versicherers einzuholen. Auch dies wird er häufig schon im eigenen Interesse tun. Andernfalls muss er den Mandanten darüber aufklären, dass dieser die Deckungszusage vor Erteilung des Auftrags selbst zu erholen hat, andernfalls er das Kostenrisiko trägt. Es besteht keine generelle Verpflichtung des Rechtsanwalts, im Laufe eines Prozesses über mehrere Instanzen auf eine mögliche Erschöpfung der Deckungssumme einer Rechtsschutzversicherung hinzuweisen. Anders ist dies, wenn der Mandant ausdrücklich erklärt oder sonst eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er keine eigenen Mittel aufbringen kann oder will. Dann genügt aber der generelle Hinweis. Zu einer näheren Prüfung ist der Rechtsanwalt nur verpflichtet, wenn er auch beauftragt ist, die Rechte des Mandanten ggü. der Rechtsschutzversicherung wahrzunehmen. In diesem Fall ist er auch verpflichtet, den Umfang der Versicherungsleistungen im Blick zu behalten. Vom Rechtsanwalt ohne entsprechenden Auftrag und ohne besonderen Anlass zu verlangen, den Mandanten über sämtliche Einschränkungen des Versicherungsschutzes nach den ARB vorsorglich aufzuklären und die Reichweite einer Deckungszusage zu überprüfen und dem Mandanten zu erläutern, würde den Umfang der (Neben-)Pflichten dagegen unangemessen ausweiten.
Nach § 86 VVG und den Rechtsschutzbedingungen der Versicherer gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen andere auf Erstattung von Kosten, die der Versicherer getragen hat, mit ihrer Entstehung auf diesen über. Von diesem Forderungsübergang werden auch Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten erfasst, die dem Versicherungsnehmer gegen seinen Prozessbevollmächtigten wegen einer Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages zustehen. Aus diesem übergegangenen Recht kann die Rechtsschutzversicherung den Anwalt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser den Falschen verklagt hat, muss sich aber evtl. ein Mitverschulden wegen unzureichender Prüfung bei der Deckungszusage anrechnen lassen.
Wird der Mandant aus einem Haftpflichtschaden in Anspruch genommen, hat der Anwalt zu klären, ob eine Haftpflichtversicherung besteht, weil diese umgehend informiert werden muss und i.d.R. auch Deckungsschutz für die gerichtliche Inanspruchnahme wegen des Schadens gibt. Bei Pflichtversicherungen (Kfz-Versicherung) liegt dies auf der Hand. Nachfrage muss v.a. aber auch bei sonstigen Schäden gehalten werden, auch im Hinblick auf dem Mandanten unbekannte oder unbewusste Versicherungen, etwa aus Mitgliedschaften in Vereinen. So gewähren z.B. Siedlungsvereine im Wege der Globalversicherung Haftpflichtschutz für ein bei Vereinsbeitritt angegebenes Grundstück, weshalb etwa Haftpflichtfälle wegen Verletzung der Streupflicht dort abgedeckt sein können.