Rz. 59
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Joint Venture i.d.R. um eine "Ehe auf Zeit" handelt. Die Gründe für die Beendigung der Zusammenarbeit sind vielfältig, sei es, dass das Joint Venture seine operativen Ziele nicht erreicht, sei es, dass sich die Partner über strategische Fragen entzweien. Die Wahrscheinlichkeit einer Beendigung des Joint Ventures legt es nahe, bereits bei seiner Gründung Sorgfalt auf die Gestaltung der Beendigungsmechanismen zu verwenden. Bei einem Contractual Joint Venture ist hier im Wesentlichen an die Regelung von Kündigungsvoraussetzungen, -fristen und -folgen zu denken. Bei einem Equity Joint Venture besteht eine Reihe zusätzlicher Gestaltungsoptionen, von denen nachfolgend einige Grundmuster vorgestellt werden sollen.
Rz. 60
Aus Sicht eines Partners führen grds. zwei Wege aus einem Joint Venture: Der eine betrifft die Gesellschafterebene, indem nämlich ein Partner seine Anteile an den anderen Partner oder einen Dritten veräußert oder aber ein Partner aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird. Das eigentliche Unternehmen bleibt in diesen Fällen jeweils unberührt.
Der zweite Weg ist die Liquidation (Auflösung) des Unternehmens. Auch hier sind wiederum zwei Varianten denkbar. Das Joint Venture veräußert entweder seinen Geschäftsbetrieb im Ganzen als sog. Going Concern oder aber seine einzelnen Wirtschaftsgüter. In beiden Fällen erhalten die Partner den Liquidationsüberschuss, der nach Begleichung aller Schulden des Joint Ventures verbleibt.
So unterschiedlich die beiden geschilderten Wege auch sind, können sie doch zur Erreichung ein und desselben Ziels in Betracht kommen. Verkaufen die Partner eines Joint Ventures ihre Anteile bspw. gemeinsam an einen Dritten etwa aufgrund von Mitverkaufsrechten oder -pflichten (s.u. Rdn 67 ff.), ergibt sich eine ähnliche Situation wie bei einem Verkauf des gesamten Geschäftsbetriebes durch die Joint Venture-Gesellschaft mit nachfolgender Kaufpreisausschüttung und Liquidation. Ob der Share Deal (erster Fall) oder der Asset Deal (zweiter Fall) vorteilhafter ist, muss im Einzelfall ermittelt werden (s. hierzu § 12).
Rz. 61
Stets ist beim Equity Joint Venture auf die Verknüpfung von Joint Venture-Vertrag und Gesellschaftsvertrag zu achten: Der Austritt aus der Gesellschaft muss grds. den Austritt aus dem Joint Venture-Vertrag bedeuten und umgekehrt, ein neu eintretender Gesellschafter muss sich zugleich dem Joint Venture-Vertrag unterwerfen. Überträgt ein Partner seine Anteile am Joint Venture auf einen Dritten, tritt der neue Partner i.d.R. in die Rechte und Pflichten des alten Partners ein. Wird das Joint Venture liquidiert, bleibt der Joint Venture-Vertrag in Kraft, bis die Gesellschaft vollständig abgewickelt und der Liquidationserlös unter den Partnern verteilt ist. Die einzelnen Beendigungsmöglichkeiten werden nachfolgend dargestellt.
I. Liquidation
Rz. 62
Der Regelungsbedarf hinsichtlich einer künftigen Liquidation ist überschaubar. Es ist festzulegen, mit welcher Mehrheit und ggf. unter welchen weiteren Voraussetzungen über die Liquidation zu befinden ist. Darüber hinaus kann man Vorgaben zur Auswahl der Liquidatoren machen. Anderenfalls sind die Geschäftsführer bei der GmbH (§ 66 Abs. 1 GmbHG) "geborene Liquidatoren"; bei der GmbH & Co. KG sind es seit dem 1.1.2024 der persönlich haftende Gesellschafter, also die Komplementär-GmbH (§§ 144 Abs. 1, 161 Abs. 2, 178 HGB). Schließlich sind Anordnungen zu treffen, falls der Liquidationserlös abweichend von dem laufenden Gewinn unter den Partnern verteilt werden soll.
II. Veräußerung und Veräußerungsbeschränkung
Rz. 63
Joint Ventures sind unabhängig von der gewählten Rechtsform durchgängig "personalistisch" strukturiert, d.h. die Identität der Partner tritt nicht hinter der bloßen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zurück. Daher verwehrt der Gesellschaftsvertrag den Partnern, ihren Anteil an der Joint Venture-Gesellschaft auf einen Dritten zu übertragen, ohne dass der jeweils andere Partner dieser Übertragung zugestimmt hätte (sog. Vinkulierung). Die Vinkulierung kennt zahlreiche Gestaltungsvarianten.
Hinweis
Sofern die Joint Venture-Partner keine natürlichen Personen sind, bietet die Vinkulierung der Anteile nur unvollkommenen Schutz. Zwar sichert sie die rechtliche, aber nicht die wirtschaftliche Identität der Partner. Diese steht infrage, wenn die Gesellschafter eines Joint Venture-Partners ausgetauscht werden.
Beispiel
Der bisherige Gesellschafter war Lieferant des anderen Partners, der neue ist dessen Wettbewerber.
Vor solchen Veränderungen schützt eine sog. Change-of-Control-Klausel, die einem Joint Venture-Partner Kündigungsrechte oder sonstige Sanktionsmöglichkeiten für den Fall eröffnet, dass sich die Mehrheitsverhältnisse bei dem anderen Partner ändern.
Rz. 64
Es ist nachvollziehbar, dass sich die Joint Venture-Partner keinen Gesellschafter aufzwingen lassen wollen. Umgekehrt hängt der wirtsch...