Rz. 120

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann von der Partei, aber auch einem Nebenintervenienten[208] geltend gemacht werden.

 

Rz. 121

Der Wiedereinsetzungsantrag ist nach § 237 ZPO an das Gericht zu richten, vor dem die versäumte Prozesshandlung hätte vorgenommen werden müssen und vor dem sie nun nachzuholen ist.

 

Rz. 122

 

Hinweis

Soweit die versäumte Prozesshandlung sowohl vor dem Ausgangsgericht als auch dem Rechtsmittelgericht nachgeholt werden kann, kann auch der Wiedereinsetzungsantrag wahlweise bei beiden Gerichten eingelegt werden. Dies gilt insbesondere für den Fall der versäumten Beschwerdefrist nach § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO. Hier kann das Wiedereinsetzungsgesuch sowohl an das Ausgangsgericht als auch an das Beschwerdegericht gerichtet werden. Zur Entscheidung berufen ist allerdings nur das Beschwerdegericht.[209] Dies gilt allerdings nicht mehr, wenn das Ausgangsgericht bereits über die Abhilfe entschieden hat.[210]

 

Rz. 123

Der versäumte Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ist beim Mahngericht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorzulegen. Diese hat den Einspruch und den Antrag nach § 233 ZPO dann an das Streitgericht mit den Mahnakten oder dem maschinellen Aktenauszug weiterzuleiten.

 

Rz. 124

Wird die – erst mit der ZPO-Reform eingeführte – sofortige Erinnerungsfrist nach § 573 ZPO versäumt, entscheidet über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Prozessgericht.

 

Rz. 125

Wurde die Frist für die befristete Rechtspflegererinnerung nach § 11 RPflG versäumt, ist das Wiedereinsetzungsgesuch beim Rechtspfleger anzubringen, der hierüber im Rahmen seiner Abhilfebefugnis selbst zu befinden hat, sofern er die Wiedereinsetzung und die Erinnerung für begründet erachtet. Anderenfalls legt er das Wiedereinsetzungsgesuch und die Erinnerung dem Richter zur Entscheidung vor.

 

Rz. 126

Die Form des Wiedereinsetzungsgesuchs muss dabei der Form der nachzuholenden Prozesshandlung entsprechen, § 236 Abs. 1 ZPO. Eine eigene Formvorschrift für das Wiedereinsetzungsgesuch als solches fehlt. In der Praxis ist das Gesuch also regelmäßig schriftlich abzufassen. Allein im amtsgerichtlichen Verfahren kann der Antrag nach § 496 ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden.

 

Rz. 127

 

Hinweis

Soweit für die nachzuholende Handlung nach § 78 ZPO oder einer sonstigen Vorschrift Anwaltszwang besteht, gilt dieser auch für das Wiedereinsetzungsgesuch.

 

Rz. 128

Mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nach § 707 ZPO ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen oder in besonders begründeten Ausnahmefällen auch ohne Sicherheitsleistung gestellt werden. Auch kann beantragt werden, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf.

 

Rz. 129

Dabei ist zu beachten, dass das Gericht die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung nur dann einstweilen einstellen darf, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist oder die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringt (§ 707 ZPO).

[208] Zöller/Althammer, § 67 Rn 5 zur Abgrenzung §§ 67/69 ZPO: BGH MDR 2008, 761 f.
[209] Brandenburgisches Oberlandesgericht OLG-NL 2005, 208 f.
[210] OLG Stuttgart FamRZ 2008, 2133 = OLGR 2008, 929.

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