Rz. 627

→ Mutterschutz (Rdn 1274 ff.).

Ab 2018 haben Arbeitnehmerinnen mehr Mitsprache und Eigenverantwortung. So dürfen schwangere oder stillende Frauen künftig bis 22 Uhr beschäftigt werden, wenn die Arbeitnehmerin einwilligt und aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht. Weitere Voraussetzung ist, dass eine "unverantwortbare Gefährdung" der Frau oder ihres Kindes durch nächtliche Alleinarbeit ausgeschlossen ist (§ 5 Abs. 1 MuSchG). Der bisherige Rahmen des Beschäftigungsverbots bleibt aber im Wesentlichen unverändert: Die Schutzfrist beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet acht bis 12 Wochen nach der Entbindung (Beschäftigungsverbot, § 3 Abs. 2 MuSchG). Liegen die Voraussetzungen des Beschäftigungsverbotes vor, erhalten Frauen, soweit sie kein Mutterschaftsgeld (§ 19 MuSchG) nach den Vorschriften der RVO beziehen, vom Arbeitgeber trotz Aussetzens der Arbeit aufgrund Beschäftigungsverbotes ihr Arbeitsentgelt weiter bezahlt. Die Höhe richtet sich mindestens nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn des Monates, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist (§ 18 MuSchG), siehe im Detail § 21 MuSchG.

 

Rz. 628

Enthält der Arbeitsvertrag eine Regelung zur wöchentlichen Arbeitszeit, wonach diese im Durchschnitt eines halben Jahres zu erbringen ist, ist die vereinbarte Arbeitszeit auch für die Berechnung des Mutterschutzlohnes für die Dauer eines ärztlich angeordneten Beschäftigungsverbotes maßgeblich. Auf den Durchschnitt der letzten drei Kalendermonate kommt es nicht an, wenn der Umfang des Arbeitseinsatzes allein vom Arbeitgeber gesteuert wurde (LAG Hamm v. 31.10.2006, NZA-RR 2007, 118).

 

Rz. 629

Das MuSchG sieht ab 2018 ein allgemeines Beschäftigungsverbot für werdende Mütter vor, die Arbeiten in einem vorgegebenen Zeittempo erledigen sollen. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 MuSchG dürfen werdende Mütter auf "Beförderungsmitteln" nicht mehr beschäftigt werden, wenn dies für sie oder das Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Für die vom Arbeitgeber zu ergreifenden Schutzmaßnahmen gilt nach § 13 MuSchG eine Rangfolge: Umgestaltung der Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzwechsel, betriebliches Beschäftigungsverbot.

Der Arbeitgeber darf jedoch der vom Beschäftigungsverbot betroffenen Arbeitnehmerin eine zumutbare Ersatztätigkeit zuweisen. Lehnt diese eine solche zumutbare Tätigkeit ab, verliert sie ihren Anspruch aus § 18 MuSchG. Bei der Zuweisung einer Ersatztätigkeit hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 315 BGB. Dabei hat er eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Die Zuweisung der Ersatztätigkeit kommt erst nach dem Beginn des gesetzlichen Verbotes in Betracht (BAG v. 21.4.1999, NZA 1999, 1044).

 

Rz. 630

Mutterschutzlohn nach § 18MuSchG wird nur dann geschuldet, wenn allein das ärztliche Beschäftigungsverbot für die Nichtleistung der Arbeit ursächlich ist (st. Rspr., zuletzt BAG v. 22.3.1995, NJW 1995, 2434 = NZA 1995, 837 = DB 1995, 2274). Stellt der Arzt Beschwerden fest, die auf der Schwangerschaft beruhen, hat er zu prüfen und aus ärztlicher Sicht zu entscheiden, ob die schwangere Frau wegen eingetretener Komplikationen arbeitsunfähig krank ist oder ob, ohne dass eine Krankheit vorliegt, zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Mutter und Kind ein Beschäftigungsverbot geboten ist. Der auf Mutterschutzlohn in Anspruch genommene Arbeitgeber kann geltend machen, dass die Voraussetzungen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nicht vorlagen, sondern eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit bestand (BAG v. 5.7.1995, DB 1995, 2480 = NZA 1996, 1617). Ein Beschäftigungsverbot ohne gleichzeitige Arbeitsunfähigkeit begründet keinen Leistungsausschluss vom Arbeitslosengeld oder -hilfe bis zum Beginn der Mutterschutzfrist. Aufgrund des sich aus Art. 6 Abs. 4 GG ergebenden Schutzgebotes für die werdende Mutter ist die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt nach einer verfassungskonformen Auslegung von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III zu ermitteln (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen v. 25.10.2010 – L 11 AL 149/07).

 

Rz. 631

Ist die werdende Mutter arbeitsunfähig krank, so löst ein für denselben Zeitraum angeordnetes ärztliches Beschäftigungsverbot keinen Anspruch auf Mutterschaftslohn aus (BAG v. 22.3.1995, BB 1995, 1356 = DB 1995, 2274).

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