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Zur Unterbrechung der Verjährung genügt regelmäßig die Einreichung der Klageschrift bei Gericht. Die Zustellung der Klage an den oder die Beklagten wirkt auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, wenn erstere "demnächst" erfolgt (§ 167 ZPO), das heißt in nicht allzu erheblichem zeitlichem Abstand. Geschieht dies nicht, so kommt es darauf an, wer hierfür verantwortlich zeichnet: Liegt die Verzögerung im Verantwortungsbereich Dritter, namentlich etwa des Gerichts, kann diese dem Klageeinreicher nicht zugerechnet werden und eine Rückwirkung kommt gleichwohl in Betracht.[193] Das ist auch der Fall, sofern sich etwaige Versäumnisse des Klageeinreichers tatsächlich nicht ausgewirkt haben.[194] Ist hingegen die Verzögerung darauf zurückzuführen, dass der Klagende nicht alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat, kann ihm eine Rückwirkung der Zustellung nur (noch) zu Gute kommen, wenn die Verzögerung nicht mehr als 14 Tage ab Fristablauf beträgt.[195] Hinsichtlich der wertenden, ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung einer Verantwortlichkeit des Klageeinreichenden hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, wobei im Ausgangspunkt gilt, dass dieser die Verjährungsfrist grundsätzlich voll ausnutzen und eine Klage auch erst am letzten Fristtag einreichen darf. Sogar die Einreichung der ­Klageschrift bloß per Fax und sogar zeitlich getrennt in zwei Teilen – wird insoweit als unschädlich gewertet,[196] nicht hingegen eine Einreichung beim unzuständigen Gericht,[197] die Angabe eines falschen ­Namens[198] oder Aktenzeichens.[199] Auch die unterlassene Beifügung der erforderlichen Zahl von Abschriften[200] schadet. Der Klageeinreicher darf andererseits grundsätzlich die Anforderung eines Gerichtskostenvorschusses abwarten, wenn er diesen danach binnen 1 Woche zahlt.[201] Unter Umständen muss der Klageeinreicher aber von sich aus aktiv werden, wenn das Gericht längere Zeit untätig bleibt.[202] Bei der Beurteilung der Frage, ob die dem Kläger zuzurechnende Verzögerung der Zustellung der Klageschrift noch als "geringfügig" anzusehen ist, ist im Übrigen auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat.[203]

[193] BGHZ 103, 28; BGHZ 161, 138; BGHZ 168, 306, 310; BGH, Urt. v. 10.9.2015 – IX ZR 255/14, NJW 2016, 151, Rn 15; BGH, Urt. v. 12.9.2019 – IX ZR 262/18, juris: selbst wenn sich infolge eines Fehlers des Gerichts die Zustellung um vier Monate verzögert.
[195] BGH, Urt. v. 22.9.2004 – VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775, 3776 m.w.N. Zu Fällen einer Verantwortlichkeit sowohl des Gerichts als auch des Klageeinreichenden vgl. BGH, Urt. v. 20.4.2000 – VII ZR 116/99, NJW 2000, 2282 bzw. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – IX ZB 205/03, NJW 2005, 291, 292 (krit. Zöller/Greger, ZPO, § 167 ZPO Rn 12).
[199] BGH, Urt. v. 9.11.1994 – VIII ZR 327/93, NJW-RR 1995, 254.
[201] BGH, Urt. v. 29.6.1993 – X ZR 6/93, NJW 1993, 2811; BGH, Urt. v. 29.9.2017 – V ZR 103/16, juris, LS 1 und Rn 9, dabei soll im Übrigen gelten: Auch wenn die Gerichtskostenvorschussrechnung dem Anwalt verfahrensfehlerfrei zur Vermittlung der Zahlung zugesandt wurde, ist der für die Prüfung der Kostenanforderung und deren Weiterleitung an die Partei erforderliche Zeitaufwand dieser nicht als Zustellungsverzögerung anzulasten (a.a.O., LS 2).

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