Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 219
Die Errichtung einer Familienstiftung weist gegenüber der Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung grundsätzlich keine Besonderheiten auf. Auch sie wird durch das Stiftungsgeschäft und die behördliche Anerkennung gegründet. Das Stiftungsgeschäft beinhaltet die Vermögensbindung zum Zwecke des "Familienwohls". Das Stiftungsgeschäft kann als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder als Verfügung von Todes wegen vorgenommen werden; und sich auch erst durch Auslegung ergeben.
Rz. 220
Bei der geplanten Übertragung eines Unternehmens ist zu bedenken, dass die Errichtung einer Stiftung als Rechtsakt das Nachfolgerproblem nicht löst. Dies gilt freilich nicht nur für die Stiftung, denn auch die Vererbung an den Nachfolger in der Familie oder überhaupt die Familiengesellschaft sorgt nicht schon an sich für die Unternehmensnachfolge. Ob die Stiftung aber ein guter Eigentümer des Unternehmens sein wird, hängt zunächst von der im Vorhinein schwer zu beeinflussenden und vorherzusehenden Qualifikation der Handelnden ab. Wichtig ist dabei, dass die Stiftung als Eigentümerin des Unternehmens ihre Eigentümerrechte auch wirklich ausüben kann. Zur Ausübung der Eigentümerrechte gehört nicht das Hineinregieren in das Unternehmen, aber die distanzierte Kontrolle und als ultima ratio die Möglichkeit, sich ganz oder teilweise von dem Unternehmen zu trennen. Der Unternehmerstifter, der Unternehmen und Stiftungen unlösbar voneinander abhängig macht, tut damit voraussichtlich weder dem Unternehmen noch der Stiftung Gutes.
Rz. 221
In einem Punkt kann die Absicht zur Errichtung einer Unternehmensstiftung die Risiken der Unternehmensnachfolge sogar erhöhen, wenn nämlich die Errichtung der Stiftung auf den Todeszeitpunkt oder kurz zuvor geplant ist. Denn die Institutionalisierung des Unternehmens, wie z.B. die Einübung der Unternehmer- oder Eigentümerfunktionen der Stiftung, bedarf Zeit. Der Übergang vom Unternehmer auf die Stiftung soll kein Bruch sein, noch dazu verstärkt durch den natürlichen Bruch beim Tod des Unternehmers, sondern ein Prozess, bei dem die unvermeidlichen Fehler gemacht und berichtigt werden können. Dabei sollte sogar die Möglichkeit des Abbruchs des Versuchs der Unternehmensstiftung nicht ausgeschlossen sein. Auch auf dem Weg der Unternehmensstiftung braucht die Unternehmensnachfolge Zeit. Der Unternehmer sollte bereits zu Lebzeiten seine Nachfolge regeln, um im Einzelfall Korrekturen vornehmen zu können.
Rz. 222
Bei der Errichtung einer Familienstiftung von Todes wegen ist auch zu bedenken, dass diese Pflichtteilsansprüche gem. §§ 2303 ff. BGB auslösen kann: Aus Sicht der Pflichtteilsberechtigten wirkt die Errichtung einer Familienstiftung wie eine Schenkung. Der Wert des Nachlasses erhöht sich daher um den Wert der Stiftungsausstattung, vgl. § 2325 Abs. 1 BGB. Dementsprechend erhöhen sich auch die Pflichtteilsansprüche um sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche. Ob ein pflichtteilsberechtigter Erbe sich Leistungen, die er als Destinatär der Stiftung erhält, anrechnen lassen muss (§ 2327 BGB), ist nicht abschließend geklärt.
Rz. 223
Um Errichtung und Bestand einer Familienstiftung gegen Pflichtteilsansprüche abzusichern, sollten diese also von vornherein ausgeschlossen bzw. minimiert werden. Dies kann vor allem durch Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge oder durch eine rechtzeitige lebzeitige Errichtung der Stiftung erreicht werden. Überlebt der Stifter die Stiftungserrichtung um zehn Jahre oder mehr, so ist die Ausstattung pflichtteilsfest.
Rz. 224
Auch eine Einbeziehung in den Zugewinnausgleich findet nach Ablauf von zehn Jahren seit der Stiftungserrichtung nicht mehr statt, vgl. §§ 1375 Abs. 3, 1378 BGB.