Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 225
Mit dem Zweck entscheidet der Stifter zunächst einmal über die Einordnung als Familienstiftung. Da der Begriff im Zivil- und im Steuerrecht nicht einheitlich gebraucht wird, ist jeweils im konkreten Fall zu prüfen, ob eine "Familienstiftung" vorliegt. In zivilrechtlicher Hinsicht ist insbesondere zu beachten, dass die Landesstiftungsgesetze unterschiedliche Anforderungen an das Vorliegen einer Familienstiftung stellen: In einigen Ländern ist Voraussetzung die ausschließliche Verfolgung privater Zwecke bzw. Familienzwecke, in anderen reicht eine "überwiegende" private bzw. familiäre Zweckverfolgung aus.
Rz. 226
Dem Stifter steht es frei, den Begriff "Familienangehöriger" in seinem vollen Umfang oder unter Einschränkungen zu verwenden. Eine Familienstiftung kann neben der Begünstigung einer Familie auch gemeinnützige oder mildtätige Zwecke i.S.d. §§ 52 und 53 AO verfolgen, wird dadurch aber nicht steuerbefreit. Zu beachten ist in diesem Fall, dass hierdurch je nach Bundesland die Befreiung der Familienstiftung von der laufenden Stiftungsaufsicht wegfallen kann. Die sog. gemeinnützige Familienstiftung kann, obwohl sie steuerbefreit ist, in den Grenzen des § 58 Nr. 6 AO Familienmitglieder begünstigen.
Rz. 227
Aufgrund seiner Privatautonomie ist es dem Stifter vorbehalten, die Art und Weise der Familienbegünstigung auszugestalten. Insbesondere kann er die Leistungen neben der Zugehörigkeit zum Kreis der Begünstigten an weitere Voraussetzungen, wie Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit der Destinatäre, koppeln. Zudem kann der Vorteil für die Familienmitglieder sowohl materieller als auch ideeller Art sein. Stiftungszivilrechtliche Regelungen stehen dem insoweit nicht entgegen.
Rz. 228
Legt der Stifter den Kreis der Begünstigten oder Destinatäre fest, so ist zunächst zu entscheiden, welche Personen als Destinatäre in Betracht kommen: Meist werden dies (ggf. neben Ehegatten) die Abkömmlinge sein, wobei zu entscheiden ist, ob nur leibliche, nur eheliche oder auch Adoptivkinder und außereheliche Kinder (und ggf. wiederum deren Abkömmlinge) berücksichtigt werden sollen. Dabei sollte der Stifter auch bedenken, dass seine Nachkommen Familienfremde ggf. durch Erwachsenenadoption zu Abkömmlingen machen können. Der Stifter kann auch ein "Anerkennungsverfahren" für Destinatäre vorsehen, das sich insbesondere bei sehr großen Destinatärskreisen empfehlen kann. Auch ein Verfahren zur Aufgabe der Destinatärsstellung oder für einen Ausschluss (etwa bei grobem Verstoß gegen Interessen der Stiftung, Erbunwürdigkeit oder Verstoß gegen eine etwaige Familienverfassung) kann der Stifter erwägen.
Rz. 229
Der Stifter hat zu bedenken, dass sich die Familie und damit der Kreis potentieller Destinatäre im Laufe der Zeit und in der Generationenfolge mehr und mehr verzweigt. Eine weite Bestimmung des Begünstigtenkreises kann daher zu einer Zersplitterung der Stiftungsaktivitäten führen. Andererseits leiden viele Familienstiftungen aber auch darunter, dass die Familie ausstirbt und sich damit auch die Zahl der Destinatäre verringert.
Rz. 230
Praxishinweis
Für den Fall, dass die Stiftungserträge den Bedarf zur Erfüllung der familienbezogenen Zwecke überschreiten oder eine spätere Umwidmung in eine steuerbefreite Stiftung beabsichtigt wird, empfiehlt es sich, gemeinnützige Zwecke zumindest subsidiär in die Satzung aufzunehmen.
Rz. 231
Hinsichtlich der Rechte der Destinatäre ist zu beachten, dass deren Umfang durch den Stifterwillen bestimmt wird. Der Stifter sollte in der Satzung den Umfang von Leistungsrechten, Einsichts- und Kontrollrechten und Mitwirkungsrechten bestimmen. Die Kontrolle des Vorstands einer Familienstiftung durch die Destinatäre erscheint besonders wirkungsvoll, da diese wesentlich von ihrem Eigeninteresse geleitet werden. Darin liegt jedoch zugleich ein erhebliches Konfliktpotential. Die Begünstigten könnten versuchen, lediglich ihre Interessen durchzusetzen, ohne den Fortbestand der Stiftung zu wahren. Der Stifter ist jedenfalls in der Ausgestaltung von Kontroll- und Informationsrechten zugunsten der Destinatäre frei. Fehlen allerdings derartige Regelungen in der Satzung, ist davon auszugehen, dass er ihnen keine weitergehenden Befugnisse einräumen wollte.
Rz. 232
Neben der Familienbegünstigung sehen viele Stiftungssatzungen die Förderung eines Unternehmens als Zweck vor. Unzulässig ist nach einhelliger stiftungsrechtlicher Auffassung eine Selbstzweckstiftung. Die Errichtung einer Stiftung erfordert die Erklärung des Stifters, ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks zu widmen, § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB (bis 30.6.2023: § 81 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.). Daraus wird allgemein geschlossen, dass eine Stiftung, die lediglich ihr eigenes Vermögen verwaltet und bewirtschaftet, mit dem Stiftungsbegriff nicht vereinbar ist. Als Unternehmensselbstzweckstiftungen werden Stiftungen bezeichnet, deren Zweck in der Bestandserhaltung (Perpetuierung) eines von ihr unmittelbar oder mittelbar in Beteiligungsträ...