Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 70
§§ 238 ff. HGB verfolgen in formaler Hinsicht drei Aufbauprinzipien:
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§§ 238–263 HGB regeln die Rechnungslegung der Einzelkaufleute und der Personenhandelsgesellschaften, §§ 264–289f HGB diejenigen der (nicht konzernierten) Kapitalgesellschaft und derjenigen Personenhandelsgesellschaften, bei denen keine natürliche Person Vollhafter ist. |
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§§ 238–263 HGB stellen insofern einen allgemeinen Teil i.S.e. lex generalis des Handelsbilanzrechts dar, als §§ 264–289f HGB nur ergänzende, spezielle Regelungen für die Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften und (insb.) der GmbH & Co. KG enthalten. |
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Schließlich ist der Gesetzesaufbau auf ein zeitliches Schema von Buchführung und Bilanzierung ausgerichtet; es beginnt mit der Buchführung (§§ 238–241f HGB) und endet mit der Offenlegung (§§ 325–329 HGB). |
Rz. 71
Soweit es um den Jahresabschluss für Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als Vollhafter geht, ist bei der Rechtsanwendung zunächst von den Spezialregelungen für Kapitalgesellschaften auszugehen. Nur soweit es an einer Spezialregelung fehlt, ist auf die Vorschriften der §§ 238–263 HGB zurückzugreifen. Im Ergebnis führt dieser Dualismus des Bilanzrechts zu einer regelmäßig strengeren Anforderungen unterliegenden Rechnung der Kapitalgesellschaften und (insb.) der GmbH & Co. KG.
Im Einzelnen bestehen in den §§ 264 ff. HGB ggü. den allgemeinen Vorschriften für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften folgende Sondervorschriften:
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Vermittlung eines dem tatsächlichen Verhältnis entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unter Beachtung der GoB (§ 264 Abs. 2 vs. § 243 Abs. 1 HGB), |
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Erweiterung des Jahresabschlusses um einen Anhang und bei mittelgroßen und großen Gesellschaften um einen Lagebericht (§§ 264 Abs. 1, 289 HGB vs. § 242 Abs. 3 HGB), |
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Erweiterung des Jahresabschlusses um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel, wenn die Kapitalgesellschaft kapitalmarktorientiert (Legaldefinition: § 264d HGB) und nicht bereits gem. § 315a HGB i.V.m. IAS/IFRS zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB), |
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feststehende Fristen für den Jahresabschluss (§ 264 Abs. 1 vs. § 243 Abs. 3 HGB), |
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Aktivierungswahlrecht für latente Steuern (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB), |
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Gliederungsvorgaben für Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 266, 275 HGB), |
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gesonderte Angabe von Haftungsverhältnissen und Verpflichtungen ggü. verbundenen Unternehmen (§ 268 Abs. 7 vs. § 251 Satz 1 HGB), |
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Ausschüttungssperre für aktivierte Beträge selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, für einen ausgewiesenen Aktivüberhang latenter Steuern und für Vermögensgegenstände zur Altersvorsorge (§ 268 Abs. 8 HGB), |
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Erläuterung des Jahresabschlusses (§§ 284–288 HGB). |
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Das MicroBilG v. 20.12.2012, basierend auf der Micro-Richtlinie der Europäischen Union, verfolgt eine Deregulierung und nähert die Regularien für sog. Kleinstkapitalgesellschaften denen für Einzelkaufleute an. Kern der Neuregelung des MicroBilG ist § 267a HGB, der den Begriff der Kleinstkapitalgesellschaften einführt. Kleinstkapitalgesellschaften liegen, mit Ausnahme der in § 267a Abs. 3 HGB genannten Gesellschaften, danach vor, wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien an den Abschlussstichtagen zwei aufeinanderfolgender Geschäftsjahre nicht überschritten werden:
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350.000 EUR Bilanzsumme; |
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700.000 EUR Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag; |
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im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer. |
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Rz. 72
Für die zutreffende Rechnungslegung ist daher die laufende Überwachung der Größenkriterien zwingend erforderlich. Entsprechendes gilt auch für Personengesellschaften im Sinne von § 264a HGB, die keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter haben. Es ist unerheblich, welche zwei der drei Schwellenwerte unterschritten werden. Folglich ist auch nicht erforderlich, dass an beiden Abschlussstichtagen dieselben Größenkriterien unterschritten werden. Dogmatisch sind Kleinstkapitalgesellschaften ein Unterfall der kleinen Kapitalgesellschaften (vgl. § 267 HGB), d.h. soweit das MicroBilG nichts anderes regelt, gelten die Vorschriften über kleine Kapitalgesellschaften. Kleinstkapitalgesellschaften von aufwendigen und für sie überdimensionierten Rechnungslegungsvorschriften zu befreien ist begrüßenswert. Eine durchgreifende Deregulierung scheitert aber an der Einführung der E-Bilanz nach § 5b EStG. Denn die Vorschriften zur E-Bilanz sind unabhängig von der Größe des Unternehmens ausgestaltet und enthalten daher keine Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften. Die Deregulierung erfasst folglich allein den handelsrechtlichen Abschluss.
Rz. 73
Nach § 266 Abs. 1 Satz 4 HGB können Kleinstkapitalgesellschaften eine vereinfachte Bilanz aufstellen. Erforderlich ist nur, dass in der Bilanz die Buchstabenposten des § 266 Abs. 2 und 3 HGB gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge ausgewiesen werden. Außerdem müssen Re...