Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 28
Ähnlich der Rechtslage bei der AG ergibt sich auch der Gewinnanspruch der Gesellschafter einer GmbH aus den Vorschriften des Handelsbilanzrechts und den sie ergänzenden bzw. modifizierenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages. Gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG steht den Gesellschaftern ein mitgliedschaftlicher Gewinnanspruch i.H.d. Jahresüberschusses zu, zzgl. eines Gewinnvortrages und abzgl. eines Verlustvortrages, soweit der sich ergebende Betrag nicht von der Verteilung ausgeschlossen ist. An die Stelle des Jahresüberschusses tritt der Bilanzgewinn, wenn die Bilanz gem. § 268 Abs. 1 HGB bereits unter Berücksichtigung der teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt ist oder wenn Rücklagen aufgelöst werden (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt durch die Geschäftsführung, die Feststellung fällt in die Kompetenz der Gesellschafter, die darüber zu beschließen haben (sog. Feststellungsbeschluss), soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Bestimmung trifft (§§ 45, 46 Nr. 1 GmbHG). Gleiches gilt für die Verwendung des Ergebnisses, über die durch einen sog. Gewinnverwendungsbeschluss entschieden wird.
Der Geschäftsführer ist ggü. den Gesellschaftern weisungsgebunden. Deswegen bleibt es den Gesellschaftern unbenommen, auf die bilanzpolitischen Spielräume, die das Gesetz in den §§ 238 ff. HGB bei der Aufstellung eröffnet, Einfluss zu nehmen. Gesellschaftsrechtliche Probleme können sich aber für einen Minderheitsgesellschafter bereits aus der von der Geschäftsführung gewählten Bilanzierung (Aktivierung, Passivierung, Bewertung) ergeben.
Beispiel
Der Geschäftsführer macht im Einverständnis mit dem Mehrheitsgesellschafter bei der Berechnung von Herstellungskosten von dem Wahlrecht des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB Gebrauch, was zu einer Berücksichtigung der Kosten der allgemeinen Verwaltung und zu deren Aktivierung führt (näher Rdn 201). Der Minderheitsgesellschafter möchte hingegen die Kosten im Hinblick auf die Steuerbilanz gewinnmindernd als Aufwand geltend machen. Aus Sicht des Minderheitsgesellschafters wäre es deshalb sinnvoll, dass die Ausübung handelsrechtlicher Wahlrechte dessen Zustimmung i.R.d. Gewinnfeststellungsbeschlusses bedarf. Eine entsprechende Regelung kann in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.
Rz. 29
Des Weiteren ist bei Minderheitsgesellschaftern die Gefahr des § 29 Abs. 2 GmbHG zu beachten. Danach können die Gesellschafter im Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, Beträge in Gewinnrücklagen einstellen oder Gewinn vortragen. Dies bedeutet, dass grds. die Mehrheit der Stimmrechte über die Ausschüttung bzw. Thesaurierung entscheidet. Ein Dividendenanspruch i.S.e. Gläubigerrechts (Forderung) entsteht erst, wenn mit entsprechendem Mehrheitsbeschluss eine (teilweise) Ausschüttung beschlossen wird.
Hinweis
Der Minderheitsgesellschafter kann sich vor dieser Gefahr schützen, indem er darauf drängt, dass in den Gesellschaftsvertrag eine ihn schützende abweichende Bestimmung (z.B. Voll- oder Teilausschüttungsgebot) aufgenommen wird.