Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 39
Bei Personenhandelsgesellschaften wird der Gewinn oder der Verlust eines Geschäftsjahres aufgrund der (Handels-)Bilanz ermittelt (§§ 120 Abs. 1, 167 Abs. 1 HGB). Obwohl sich für die genannten Gesellschaften anders als bei Kapitalgesellschaften keine ausdrückliche Regelung im HGB findet, ist auch bei deren Jahresabschluss zwischen dem Akt der Aufstellung und dem der Feststellung zu unterscheiden. Vorbehaltlich einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Regelung obliegt die Aufstellung der Bilanz als gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme den geschäftsführenden Gesellschaftern. Sie haben damit auch die bilanzrechtlichen Wahlrechte auszuüben.
Im Grundsatz ist jeder geschäftsführende Gesellschafter allein zur Aufstellung des Jahresabschlusses berechtigt und verpflichtet (vgl. § 115 Abs. 1 Halbs. 1 HGB), wobei zu beachten ist, dass Mitgeschäftsführer insofern Einfluss auf die Aufstellung des Jahresabschlusses nehmen können, als sie den Bilanzierungsentscheidungen widersprechen dürfen (vgl. § 115 Abs. 1 Halbs. 2 HGB). Da die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften allerdings bindend sind, darf der Widerspruch nicht dazu führen, dass die Aufstellung des Jahresabschlusses gänzlich unterbleibt. Deshalb darf sich der Widerspruch nur gegen einzelne Positionen der Bilanz und der GuV-Rechnung richten.
Rz. 40
Nicht selten regeln Gesellschaftsverträge einzelne Aufstellungsgrundsätze etwa über die Gliederung des Jahresabschlusses sowie Ansatz und Bewertung. Dies ist in dem Rahmen zulässig, als nicht zwingenden gesetzlichen Vorgaben sowie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB; dazu Rdn 93 ff.) widersprochen wird. Verbreitet ist die Bestimmung, dass der Jahresabschluss in Anlehnung an die handelsrechtlichen Vorschriften über die Kapitalgesellschaften (§§ 264 ff. HGB) aufzustellen ist. Vor dem Hintergrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 EStG, der zu einer engen Verknüpfung zwischen Handels- und Steuerbilanz führt, sehen Gesellschaftsverträge aus Vereinfachungsgründen z.T. noch vor, dass zur Vermeidung der Erstellung einer Handels- und einer Steuerbilanz lediglich eine Steuerbilanz als Einheitsbilanz erstellt werden soll. Die Aufnahme solcher Einheitsbilanzklauseln schränkt die bilanzpolitischen Möglichkeiten ein und erfordert eine in weiten Teilen gleichlautende Bilanzierung und Bewertung von Handels- und Steuerbilanz. Nach Inkrafttreten des BilMoG (näher Rdn 53) haben sich indessen die handelsbilanzrechtlichen Regelungen von denen des Steuerrechts entfernt. Dies folgt nicht nur aus der Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit (dazu näher Rdn 130, 240), sondern ist auch weiteren Änderungen von Ansatz- und Bewertungsvorschriften, insb. die §§ 248, 253, 274 HGB betreffend, geschuldet. Durch das BilMoG verliert der Zweck solcher Gesellschaftsverträge vielfach an Bedeutung. Sie schränken die unternehmerischen Freiheiten im Einzelfall sogar stark ein. In diesem Zusammenhang muss es vermieden werden, dass bestimmte steuerrechtliche Regelungen, die insb. auf subventionelle Überlegungen zurückgehen, mit Blick auf Einheitsbilanzen nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Dies würde dem Bilanzierenden die Möglichkeit nehmen, eine steuerlich optimierende Bilanzierung zu betreiben, weil steuerrechtliche Sonderregelungen, wie bspw. die Inanspruchnahme der §§ 6b, 7g EStG, handelsrechtlich nicht mehr abgebildet werden dürfen.
Die mit dem BilMoG verbundene Neuordnung des Verhältnisses zwischen Handels- und Steuerbilanz erzwingt in vielen Fällen eine abweichende Rechnungsregelung in den beiden Rechenwerken. Die bilanzpolitische Disposition des Bilanzierenden darf in diesem Zusammenhang nicht derart umfassend begrenzt werden, dass unternehmerisch sinnvolle und notwendige Entscheidungen aufgrund in der Vergangenheit – unter anderen regulatorischen Rahmenbedingungen – getroffener vertraglicher Vereinbarungen verhindert werden. Vielmehr müssen an die Stelle der früheren Einheitsbilanzklauseln neue Regelungen treten, die die Zielsetzungen einer im Einzelfall nur eingeschränkt möglichen Bilanzpolitik erreichen können. Diese sollten handelsrechtlich den Rahmen der gewollten Bilanzpolitik abgrenzen und gleichzeitig der Notwendigkeit einer eigenständigen steuerlichen Bilanzpolitik Rechnung tragen. Die Verfolgung eigenständiger steuerlicher Optimierungsstrategien sollte hiervon unberührt bleiben.
Hinweis
Es ist zu beachten, dass nach der Rspr. eine entsprechende Klausel ohne einen Vorbehalt zugunsten des zwingenden Handelsbilanzrechts unzulässig ist, weil die Handelsbilanz nur insoweit der Steuerbilanz angepasst werden kann, als dem keine zwingenden handelsrechtlichen Umstände entgegenstehen. Um die (Teil-)Nichtigkeit der Klausel nach § 134 BGB zu vermeiden, empfiehlt sich die Annahme einer entsprechenden Formulierung:
Rz. 41
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Muster 23.1: Vorbehalt zugunsten des Handelsbilanzrechts
Die Gesellschaft erstellt eine Handelsbilanz. Handelsrechtlic...