Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 175
Bei den Personenhandelsgesellschaften wird das Eigenkapital der Gesellschafter durch die Zusammenfassung der Kapitalanteile der Gesellschafter dargestellt (vgl. § 120 Abs. 2 HGB). Der Kapitalanteil ist der Anknüpfungspunkt für die vermögensrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit zueinander. Er ist nicht nur maßgeblich für die dispositive Gewinnverteilung nach § 121 Abs. 1 HGB, der eine Art "Vorzugsdividende" gewährt, sondern auch für das Entnahmerecht nach § 122 Abs. 1 HGB und die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens nach § 155 Abs. 1 HGB. Der Kapitalanteil spiegelt den Anteil des Gesellschafters am bilanziell ausgewiesenen Kapital der Gesellschaft wider. Damit gilt auch hier, dass der bilanzielle Kapitalanteil nicht den Verkehrswert der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung abbildet.
Das Regelstatut des HGB geht in § 120 Abs. 2 HGB davon aus, dass die Kapitalanteile der Personengesellschafter einer ständigen Veränderung unterliegen (sog. variabler Kapitalanteil). Der Kapitalanteil eines Gesellschafters entsteht durch Einlagen und ändert sich durch die dem Gesellschafter zugewiesenen Gewinne, Verluste und Entnahmen. Der Kapitalanteil kann auch negativ werden. Es handelt sich dabei allerdings um eine reine Rechnungsgröße, sodass der Gesellschafter aus dem Kapitalanteil weder einen Anspruch ableiten kann noch ein negativer Kapitalanteil eine Schuld ggü. der Gesellschaft ausdrückt. Wie § 155 Abs. 1 HGB zeigt, führt der Kapitalanteil erst zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters bzw. der Auflösung der Gesellschaft zu einem echten Anspruch.
Rz. 176
Da die dispositive gesetzliche Regelung des Kapitalanteils den Erfordernissen der Praxis so gut wie nie gerecht wird, findet sich in fast allen schriftlichen Gesellschaftsverträgen eine Fixierung des Kapitalanteils in Form fester Kapitalanteile. Meist werden diese als festes Kapitalkonto oder als Kapitalkonto I bezeichnet. Damit wird das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter quotenmäßig festgelegt. Dieses bildet die Grundlage für die Gewinnverteilung und regelmäßig auch die Vermögensverteilung im Abfindungs- bzw. Liquidationsfall. Darüber hinaus dient das festgelegte Beteiligungsverhältnis oftmals auch als Maßstab für Mitgliedschaftsrechte, namentlich das Stimmrecht. Daneben wird ein Kapitalkonto II geführt, auf dem der über die auf dem Kapitalkonto I gebuchte Einlage hinausgehende Kapitalanteil, der sich durch Gewinne, Verluste, Entnahmen und ggf. weitere Einlagen verändert, erfasst wird.
Wollen die Gesellschafter darüber hinausgehend die Kapitalbasis der Gesellschaft stärken, indem sie einen Teil des Gewinns unverzinslich im Gesamthandsvermögen belassen wollen, ist dafür ein separates Rücklagenkonto zu bilden, das dann üblicherweise als Kapitalkonto II bezeichnet wird. In diesem Fall muss dann neben dem festen Kapitalkonto I und dem Rücklagenkonto II noch ein weiteres Konto geführt werden, auf dem der entnahmefähige Teil des Gewinns sowie Entnahmen gebucht werden. Es handelt sich um ein Forderungskonto des Gesellschafters gegen die Gesellschaft (sog. Darlehenskonto), wobei eine Verzinsung eine eindeutige Regelung voraussetzt. In der Praxis sind auch noch weitere Unterteilungen anzutreffen, etwa neben dem Kapitalkonto II Konten, auf denen sog. gesamthänderisch gebundene Kapitalrücklagen oder sog. Verlustvortragskonten ausgewiesen werden.
Rz. 177
Weitreichende Folgen sowohl für das Steuerrecht als auch für das Gesellschaftsrecht ergeben sich aus der Abgrenzung von Eigenkapital- zu Fremdkapitalkonten. Zivilrechtliche Auswirkungen hat die Qualifizierung insb. im Bereich der Gewinnverteilung und der Haftung, aber auch, wenn es um die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen geht. Der BFH hat nunmehr im Zuge mehrerer Entscheidungen Stellung bezogen und folgende Abgrenzungskriterien aufgestellt:
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Zunächst kommt es auf die Bezeichnung des Kontos nicht an. Die Rechtsnatur der Konten ist vielmehr durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu ermitteln. |
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Werden auf dem Konto auch Verluste verbucht, so liegt i.d.R. ein Eigenkapitalkonto vor. Dies setzt keine laufende Verlustrechnung voraus. |
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Ein weiteres Indiz für ein Eigenkapitalkonto ist die Verbuchung von Gewinnen, Einlagen und Entnahmen. Gleiches gilt für den Einbezug in die Berechnung des Abfindungsguthabens. |
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Schließlich lässt sich aus gesellschaftsvertraglichen Entnahmebeschränkungen auf Eigenkapital schließen. |
Rz. 178
Für Personengesellschaften ohne eine natürliche Person als Vollhafter (vgl. § 264a HGB) schreibt § 264c Abs. 2 HGB anstelle § 266 Abs. 3 A HGB die Gliederung des Eigenkapitals in Kapitalanteile, Rücklagen, Gewinnvortrag/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag vor. Sie entspricht einem allgemeinen GoB für alle Personenhandelsgesellschaften. Die Kapitalanteile von persönlich haftenden Gesellschaftern und von Kommanditisten sind gesondert auszuweisen (§ 264c Abs. 2 Satz 6 HGB). Maßgebend für den...