Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 180
Eigenkapital ist das Kapital, das der Kapitalgesellschaft von den Gesellschaftern in dieser Eigenschaft zur Verfügung gestellt wird. Es kann sich um Einlagen handeln, aber auch um im Unternehmen verbliebene Gewinne. Die genaue bilanzielle Gliederung des Eigenkapitals ergibt sich aus § 266 Abs. 3 A HGB, wobei kleine Gesellschaften die in § 266 Abs. 3 A III HGB vorgesehene Aufgliederung der Gewinnrücklagen nicht vorzunehmen brauchen (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Bei Kleinstkapitalgesellschaften entfällt die Aufgliederung komplett (§ 266 Abs. 1 Satz 4 HGB).
Bei Kapitalgesellschaften haftet den Gläubigern im Außenverhältnis grds. nur das Gesellschaftsvermögen (vgl. §§ 1 Abs. 1 AktG, 13 Abs. 2 GmbHG). Das gezeichnete Kapital (§ 266 Abs. 3 A I HGB) ist der im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung bestimmte Nennbetrag, den die Gesellschafter ggü. der Kapitalgesellschaft aufbringen müssen. Es ist bei der GmbH das Stammkapital (§§ 5, 42 Abs. 1 GmbHG), bei der AG das Grundkapital (§§ 6, 7, 152 Abs. 1 AktG). Maßgebend ist der Nennbetrag der Stammeinlagen bei der GmbH (§ 5 Abs. 3 Satz 3 GmbHG) und der Nennbetrag der ausgegebenen Aktien bei der AG (§§ 6, 9 AktG).
Das auf der Passivseite zum Nennbetrag ausgewiesene gezeichnete Kapital darf nur im Wege der Kapitalerhöhung (§§ 55 ff. GmbHG, §§ 182 ff. AktG) oder der Kapitalherabsetzung (§§ 58 ff. GmbHG, §§ 222 ff. AktG) entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erhöht oder ermäßigt werden. Eine Kapitalerhöhung ist dann erst endgültig wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen worden ist. Nach § 272 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 HGB sind eingeforderte ausstehende Einlagen auf der Aktivseite vor dem Anlagevermögen unter entsprechender Bezeichnung gesondert auszuweisen.
Hinweis
Soweit die ausstehenden Einlagen noch nicht eingefordert worden sind, müssen sie auf der Passivseite von dem gezeichneten Kapital offen abgesetzt werden. Auf der Aktivseite erscheint dann das eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Rz. 181
Neben der Kapitalaufbringung spiegelt sich auch die gesellschaftsrechtliche Kapitalerhaltung in der Handelsbilanz der Kapitalgesellschaft wider (dazu o. Rdn 25, 30 ff.). Soweit die Rückgewährung von Einlagen unzulässig ist und einen entsprechenden Rückforderungsanspruch der Kapitalgesellschaft auslöst (vgl. §§ 31 Abs. 1 GmbHG, 62 Abs. 1 AktG), hat die Gesellschaft den Rückforderungsanspruch unabhängig von einem Gesellschafterbeschluss zu aktivieren. Da der BGH bei der GmbH davon ausgeht, dass ein unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG entstandener Rückforderungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG nicht dann wieder entfällt, wenn durch künftige Gewinne die Stammkapitalziffer vollständig abgedeckt ist, führt die Nichtaktivierung des Anspruchs nicht nur in dem konkreten Jahr der unzulässigen Ausschüttung, sondern auch in den folgenden Geschäftsjahren zu einer fehlerhaften und im Einzelfall möglicherweise sogar nichtig festgestellten Bilanz.
Rz. 182
Nach § 266 Abs. 3 A I–V HGB hat das Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften folgende Bestandteile:
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gezeichnetes Kapital, |
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Kapitalrücklage, |
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Gewinnrücklagen, |
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Gewinnvortrag/Verlustvortrag, |
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Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. |
Die Auswirkungen von Jahresfehlbeträgen werden solange durch negative Posten auf der Passivseite berücksichtigt, bis das Eigenkapital verbraucht ist. Erst dann wird ein weiterer Fehlbetrag nach § 268 Abs. 3 HGB auf der Aktivseite ausgewiesen.
Bei Kapitalgesellschaften ist es regelmäßig nicht nötig, dass das Kapital in voller Höhe eingezahlt ist, nichtsdestoweniger ist nach § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB das gezeichnete Kapital auf der Passivseite grds. schon in voller Höhe auszuweisen. Nicht eingeforderte ausstehende Einlagen sind indessen zwingend offen abzusetzen (§ 272 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 HGB).
Rz. 183
Rücklagen verstärken neben dem Nominalkapital das Eigenkapital der Kapitalgesellschaften. Sie können sich entweder aus Einlagen der Gesellschafter ergeben (Kapitalrücklage) oder auch durch die Einbehaltung von Gewinnen entstehen (Gewinnrücklage). AG sind gesetzlich zur Bildung einer Rücklage verpflichtet (vgl. § 150 Abs. 1 AktG). Darüber hinaus können weitere Beträge aus dem Jahresüberschuss in die freien Rücklagen eingestellt werden (§ 58 Abs. 1–3 AktG). Entstehen Verluste, sind diese zunächst durch Auflösung freier oder gesetzlicher Rücklagen zu decken (§ 150 Abs. 3, 4 AktG). Wenn dabei bei der gesetzlichen Rücklage der vorgeschriebene Mindestbetrag unterschritten wird, muss dieser bei einer künftigen Gewinnsituation zunächst wieder aufgefüllt werden, bevor eine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen darf.
Bei der GmbH fehlt es – vom Sonderfall der Rücklagen für Anteile an einem herrschenden Unternehmen nach § 272 Abs. 4 HGB abgesehen – an einer gesetzlich vorgeschriebenen Rücklage. Deshalb kommt es bei der GmbH zur Bildung von Gewinnrücklagen nur durch Satzungsbestimmung oder durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter (vgl. § 29 GmbHG).