Rz. 42
Mit einem Vermächtnis kann der Erblasser einem anderen einzelne Vermögensgegenstände zuwenden, ohne ihn als Erben einzusetzen (§ 1939 BGB). Im Unterschied zum Erben erwirbt der Vermächtnisnehmer den Gegenstand nicht unmittelbar vom Erblasser. Er erlangt vielmehr nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung dieses Gegenstandes (§ 2174 BGB). Der Vermächtnisgegenstand muss daher erst nach den allgemeinen Regeln übertragen werden (ein GmbH-Geschäftsanteil bspw. nach § 15 Abs. 3 GmbHG). Das Vermächtnis stellt ein außerordentlich flexibles Instrument der Nachfolgeregelung dar, da es die Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände nach den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts ermöglicht. Der strenge Typenzwang des Erbrechts gilt daher insoweit nur eingeschränkt.
Rz. 43
Im Bereich der Unternehmensnachfolge eignen sich Vermächtnisse insbesondere zur Absicherung von weichenden Erben sowie zur Versorgung von Familienmitgliedern. Der Gegenstand eines Vermächtnisses kann vom Erblasser grundsätzlich beliebig festgelegt werden. In Betracht kommt dabei bspw.:
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die Übertragung von Gegenständen des Privatvermögens (bzw. ein Nutzungsrecht daran), |
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eine einmalige Ausgleichszahlung (ggf. mit der Möglichkeit der Ratenzahlung), |
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laufende Ausgleichzahlungen, z.B. in Form einer Rente oder einer dauernden Last, |
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die Einräumung eines Nießbrauchrechts am Unternehmen oder an der Gesellschaftsbeteiligung, |
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die Bestellung einer Unterbeteiligung. |
Rz. 44
Gegenstand eines Vermächtnisses kann auch ein Unternehmen oder eine Gesellschaftsbeteiligung sein. Bei der Zuwendung eines Einzelunternehmens muss der Erblasser genau bezeichnen, welche Vermögenswerte auf den Vermächtnisnehmer übertragen werden sollen. Dabei ist eine Bezugnahme auf die Bilanz alleine i.d.R. nicht ausreichend, da nicht alle Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmen zuzuordnen sind, in der Bilanz erfasst werden (müssen). Der Erblasser muss darüber auch bestimmen, ob und inwieweit Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnisse auf den Vermächtnisnehmer mit übergehen. Dabei ist für die Übertragung die Zustimmung der Gläubiger und Vertragspartner erforderlich. Wird die Zustimmung zur Schuldübernahme verweigert, verbleiben die Verbindlichkeiten möglicherweise beim Erben, obwohl die entsprechenden Aktiva auf den Vermächtnisnehmer übertragen worden sind. Für diesen Fall lassen sich zumindest interne Freistellungsverpflichtungen vorsehen. Probleme ergeben sich schließlich, wenn zu dem Einzelunternehmen Vermögensgegenstände gehören, die rechtsgeschäftlich nicht übertragbar sind. Insgesamt erscheint die Übertragung eines Einzelunternehmens auf einen Vermächtnisnehmer daher wenig praktikabel.
Rz. 45
Gegenstand eines Vermächtnisses kann auch ein Anteil an einer Personengesellschaft sein. Der Erblasser muss die Beteiligung in der Verfügung von Todes wegen bestimmt bezeichnen. Zusammen mit der Beteiligung werden i.d.R. auch die selbstständig abtretbaren Ansprüche auf Gewinne oder ein Auseinandersetzungsguthaben (§ 717 Satz 2 BGB) auf den Vermächtnisnehmer übertragen. Mit der Beteiligung sind vielfach weitere Ansprüche und Rechte des Gesellschafters gegen die Gesellschaft verbunden, die auf Gesellschafter-, Darlehens- oder sonstigen Konten verbucht werden. Diese Ansprüche sollten gleichfalls von dem auf die Übertragung des Anteils gerichteten Vermächtnis umfasst werden, um die wirtschaftliche Einheit der Gesellschaftsbeteiligung zu erhalten. Aus steuerrechtlichen Gründen sollten schließlich auch Vermögensgegenstände, die im Privateigentum des Gesellschafters stehen, der Gesellschaft aber zur Nutzung überlassen werden (z.B. zum Sonderbetriebsvermögen gehörende Grundstücke), dem Vermächtnisnehmer zugewandt werden. In gleicher Weise sollte auch eine Zuordnung der entsprechenden Passiva (z.B. von Verbindlichkeiten oder Bürgschaften) erfolgen.
Rz. 46
Das Vermächtnis kann nur dann erfüllt werden, wenn der Anteil an der Personengesellschaft überhaupt vererblich ist. Bei dem Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters muss der Gesellschaftsvertrag dafür eine entsprechende Nachfolgeklausel enthalten. Sieht der Gesellschaftsvertrag dagegen insoweit keine Regelung vor oder schließt er die Vererblichkeit des Anteils sogar ausdrücklich aus, geht auch ein entsprechendes Vermächtnis ins Leere.
Rz. 47
Die zur Erfüllung des Vermächtnisses erforderliche Anteilsübertragung bedarf in aller Regel der Zustimmung der anderen Gesellschafter, sofern diese nicht bereits allgemein im Gesellschaftsvertrag enthalten ist (ab 1.1.2024: § 711 Abs. 1 BGB n.F., zuvor: § 719 Abs. 1 BGB a.F.). Wird die Zustimmung verweigert, kann das auf die Übertragung des Gesellschaftsanteils gerichtete Vermächtnis möglicherweise umgedeutet werden (z.B. in ein Vermächtnis auf den Gewinnanspruch). Falls dies nicht möglich ist, kann das Vermächtnis u.U. sogar unwirksam sein (§ 2171 Abs. 1 BGB).
Rz. 48
Bei der vermächtnisweisen Zuwendung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist gleichfalls eine genaue F...