Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
Rz. 200
Die Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeentscheidung des Nachlassgerichts erfolgt durch zu begründenden Beschluss. Dabei ist eine Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nur insoweit ausreichend, als die Beschwerde keine neuen, in der angefochtenen Entscheidung nicht abgehandelten Gesichtspunkte aufzeigt.
Ein Nichtabhilfebeschluss, der nicht erkennen lässt, mit Blick auf welches Petitum des Beschwerdeführers sich das Nachlassgericht mit dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt hat, genügt nicht den Begründungsanforderungen.
Im Rahmen des Abhilfeverfahrens muss das Nachlassgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben, ein inhaltlich unzureichendes Vorbringen (bspw. zur Testierunfähigkeit des Erblassers) zu konkretisieren.
Rz. 201
Auch für das Beschwerdegericht gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Das Beschwerdegericht hat alle Umstände zu prüfen, die geeignet sind, die Unrichtigkeit des Erbscheins zu begründen.
Im Beschwerdeverfahren können nach § 65 Abs. 3 FamFG auch neue Tatsachen und Beweise vorgebracht werden.
Der Beschwerdeführer kann zudem erstmals einen Hilfsantrag stellen, der dann sachlich beschieden wird, wenn dieser auf einen Lebenssachverhalt gestützt wird, der bereits Gegenstand des Verfahrens erster Instanz war und in der Sache der Anpassung des Antrags an Erkenntnisse des Beschwerdeverfahrens, insbesondere der Berücksichtigung eines gerichtlichen Hinweises, dient.
Rz. 202
Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich gem. § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug.
Das Beschwerdegericht kann nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG bei der Entscheidung über die Beschwerde von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits vom Nachlassgericht vorgenommen worden sind.
Zudem kann es über die Beschwerde in Erbscheinsverfahren auch dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn erstinstanzlich ohne Verstoß gegen die §§ 32 ff. FamFG ein Termin und eine persönliche Anhörung der Beteiligten nicht stattgefunden haben. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG kommt nur zur Anwendung, wenn nach den einschlägigen Verfahrensvorschriften ein Termin, eine mündliche Verhandlung oder sonstige Verfahrenshandlungen durchzuführen sind.
Leidet die Nichtabhilfeentscheidung an einem schwerwiegenden Mangel, ist das Beschwerdegericht entsprechend § 69 Abs. 3 S. 2 FamFG befugt, die Sache unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das Nachlassgericht zurückzuverweisen. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht hat nicht die Kompetenz, einen Erbschein selbst zu erteilen oder einzuziehen, weil § 2353 BGB und § 2361 BGB diese Kompetenz allein den Nachlassgerichten zusprechen. Das Oberlandesgericht kann das Nachlassgericht zur Erbscheinserteilung oder -einziehung nur anweisen.