Rz. 27
Bislang nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, wie das Stimmrecht auszuüben ist, wenn ein unbelasteter Gesellschaftsanteil mit einem nießbrauchbelasteten Gesellschaftsanteil zusammentrifft. Hierbei sind folgende Fälle denkbar:
a) |
Gesellschafter A, der bereits einen unbelasteten Gesellschaftsanteil hält, erwirbt einen nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteil hinzu. |
b) |
Gesellschafter A, der bereits einen mit einem Nießbrauch zugunsten von B belasteten Gesellschaftsanteil hält, erwirbt einen weiteren Gesellschaftsanteil, der zugunsten des C mit einem Nießbrauch belastet ist. |
c) |
A erwirbt einen Gesellschaftsanteil, der mit einem Quotennießbrauch in Höhe von 60 % zugunsten des B belastet ist. |
Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Beteiligung an einer Personengesellschaft besitzt der Gesellschafter grundsätzlich nur einen einheitlichen Gesellschaftsanteil und kann daher sein Stimmrecht nur einmal ausüben. Eine Aufspaltung der einheitlichen Beteiligung in zwei selbstständige Gesellschaftsanteile wird als unmöglich angesehen. In den dargestellten Fällen führt dies daher zu praktischen Schwierigkeiten bei der Stimmrechtsausübung.
Rz. 28
Für den Fall der Testamentsvollstreckung hat der für das Erbrecht zuständige IV a-Zivilsenat des BGH jedoch entschieden, dass der Grundsatz der Einheitlichkeit der Beteiligung der Anordnung der Testamentsvollstreckung auch dann nicht entgegenstehe, wenn der mit der Testamentsvollstreckung belastete Erbe bereits vor dem Erbfall Gesellschafter war. Gerade die angeordnete Testamentsvollstreckung verhindere die uneingeschränkte Vereinigung der bisher schon gehaltenen und der hinzuerworbenen Anteile. Selbst die Vereinigung sämtlicher Geschäftsanteile in einer Hand führe nicht zum Erlöschen der Gesellschaft, falls für den ererbten Anteil Testamentsvollstreckung angeordnet worden war. Der BGH begründet dies damit, dass die Testamentsvollstreckung lediglich die übertragbaren Vermögensrechte betreffe und somit kein Widerspruch zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Beteiligung bestehe. Der für das Gesellschaftsrecht zuständige Senat des BGH hat diese Frage offengelassen. Dem Erbrechtssenat ist zuzustimmen, da die betroffenen Drittinteressen die "quasi-dingliche oder erbrechtliche" Sonderzuordnung rechtfertigen: Weder die Belastung des bereits beim Erwerber vorhandenen Anteils noch das Entfallenlassen der Belastung insgesamt erscheinen sachgerecht.
Rz. 29
Unseres Erachtens sind diese Grundsätze übertragbar, so dass auch im Falle des Nießbrauchs eine quasidingliche Sonderzuordnung zu erfolgen hat. Die Stimmrechte in den o.g. Fällen sind daher so aufzuteilen, als bestünde jeweils ein eigenständiger Gesellschaftsanteil.
Diese Auslegung deckt sich mit der Ansicht des BFH, nach dessen Rechtsprechung zur Prüfung der Mitunternehmerstellung zu schenkungsteuerlichen Zwecken es nicht ausreiche, wenn der Erwerber eines nießbrauchbelasteten Gesellschaftsanteils bereits vor der Schenkung Kommanditist war und sich daher die Mitunternehmereigenschaft wegen der Einheitlichkeit der Beteiligung auch auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecke. Der BFH verlangt vielmehr, dass auch der nunmehr geschenkte Anteil selbst die Mitunternehmereigenschaft vermittelt (zu den Details siehe Rdn 47 ff.).