Dr. iur. Klaus Rinck, Dr. iur. Rupert Czinczoll
Rz. 44
§ 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG sieht vor, dass die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag vom Kammervorsitzenden einmal verlängert werden kann.
Der Verlängerungsantrag, der als bestimmender Schriftsatz ebenfalls dem Vertretungszwang unterliegt, muss unbedingt vor Ende der laufenden Frist beim LAG eingehen. Ist das der Fall, kann das Gericht die Verlängerung aber auch nach Fristablauf noch wirksam bewilligen.
Rz. 45
Praxishinweis
Es ist dringend zu empfehlen, den Verlängerungsantrag so rechtzeitig zu stellen, dass das Gericht bei normalem Lauf der Dinge nicht nur noch vor Fristablauf darüber entscheiden, sondern auch die Entscheidung mitteilen kann. Ggf. sollte auf der Geschäftsstelle rechtzeitig telefonisch das Ergebnis abgefragt werden.
Rz. 46
In dem Verlängerungsantrag sollte der Prozessbevollmächtigte ein bestimmtes Enddatum angeben, bis zu dem er Fristverlängerung begehrt. Eine auf ein bestimmtes Ereignis abstellende Verlängerung, z.B. "bis zur Bescheidung des PKH-Antrags", ist nicht möglich. Die Dauer der Verlängerung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Das Gesetz macht insoweit keine Vorgaben. Dabei ist aber auch der allgemeine Beschleunigungsgrundsatz in § 9 Abs. 1 ArbGG und der besondere für Kündigungsschutzprozesse in § 64 Abs. 8 ArbGG in Rechnung zu stellen. In erster Linie wird es auf die Art der angegebenen Gründe ankommen.
Rz. 47
Bei der Bemessung seines Verlängerungswunsches sollte der Anwalt in jedem Fall vor Augen haben, dass das Arbeitsgerichtsverfahren gem. § 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG ausdrücklich nur die einmalige Fristverlängerung vorsieht.
Rz. 48
Praxishinweis
Die in § 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG angeordnete Beschränkung auf die einmalige Fristverlängerung gilt im Berufungsverfahren vor dem LAG als ehernes Gesetz, zu dem keinerlei Ausnahmen anerkannt sind. Das geht so weit, dass eine entgegen der Norm vom Gericht bewilligte weitere Verlängerung als nichtig und irrelevant angesehen wird und auch keinen Vertrauensschutz auslösen kann.
Rz. 49
Nach § 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG setzt die Verlängerung der Frist voraus, dass nach der freien Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit dadurch nicht verzögert wird oder die Partei erhebliche Gründe darlegt. Bedenkt man, dass das Berufungsgericht den Rechtsstreit regelmäßig nach Eingang der Berufungsbegründung terminiert, wird das Verfahren streng genommen durch nahezu jede nicht nur marginale Verlängerung der Begründungsfrist verzögert. Nach ihrem Sinn und Zweck sind die beiden im Gesetz alternativ genannten Verlängerungsvoraussetzungen einer Gesamtschau zu unterziehen: Es kommt letztlich darauf an, ob die im Einzelfall zu prognostizierende Verzögerung durch das Gewicht der dafür angegebenen Gründe gerechtfertigt werden kann. Je umfangreicher die gewünschte Verlängerung, desto gravierender müssen die Gründe sein.
Rz. 50
Typische Gründe für eine bis zu einmonatige Fristverlängerung können z.B. sein: Erkrankung des sachbearbeitenden Anwalts; Hindernisse bei der Informationsbeschaffung wie z.B. Abwesenheit der Partei oder sonstiger Auskunftspersonen; ernsthafte außergerichtliche Vergleichsverhandlungen, deren Erfolg die Durchführung der Berufung überflüssig machen kann; außergewöhnlicher Umfang des Prozessstoffes. Insbesondere zählt auch eine vorübergehende über das übliche Maß hinausgehende Arbeitsbelastung des Prozessbevollmächtigten dazu.
Rz. 51
Praxishinweis
Der Umgang mit Anträgen auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist von bis zu einem Monat ist von LAG zu LAG und teilweise auch von Kammer zu Kammer unterschiedlich streng. Am verbreitetsten ist sicherlich die Praxis, den pauschalen Hinweis auf "Arbeitsüberlastung" oder sonstige eher floskelhafte Begründungen ausreichen zu lassen. Teilweise werden aber auch – ungeachtet des Umstands, dass das BAG eine Substantiierung nur für geboten hält, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der vorgetragenen Behauptung wecken – höhere Anforderungen an die Begründung des Fristverlängerungsantrags gestellt. Es ist daher nützlich, wenn der Anwalt Kenntnis von der jeweils geübten Handhabung besitzt.
Besteht keine Klarheit, sollte man seinen Antrag nicht lediglich mit einem bloßen Schlagwort begründen. Der Verlängerungsgrund sollte vielmehr mit einigen Sätzen konkret und nachvollziehbar skizziert und, wenn ohne Mühe möglich, mit geeigneten Belegen glaubhaft gemacht werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung schreibt außerdem den Obergerichten die Gewährung rechtlichen Gehörs vor, bevor der Antrag wegen unzulänglicher Begründung abgelehnt wird, weshalb der Antrag mit hinreichendem zeitlichen "Puffer" zum Ablauf der Frist gestellt werden sollte, z.B. bereits im Berufungsschriftsatz. Geschieht die Einreichung erst am Tag davor oder gar am Tag des Fristablaufs, kann das Gericht, das eine Substantiierung für erforderlich hält, dem Anwalt meist keine dahingehenden Hinweise mehr geben. Selbst wenn der Antrag in einer solchen Situation nicht vollständig abgewiesen wird (was allerdings auch vo...