Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 101
Ist ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren bereits anhängig, betragen gemäß Nr. 1003 VV die Gebühren Nr. 1000 bis 1002 VV jeweils 1,0. Der Rechtsanwalt erhält also für seine ursächliche Mitwirkung an einer im Rahmen eines erstinstanzlichen Klageverfahrens erzielten Einigung eine Einigungsgebühr in Höhe von 1,0.
Rz. 102
Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV entsteht gemäß Abs. 1 der Anmerkung für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.
Rz. 103
Die Gebühr entsteht jedoch nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt. Damit wird verhindert, dass die Einigungsgebühr durch bloße Erfüllung des Anspruches oder bloßen Verzicht auf Weiterverfolgung ausgelöst wird.
Das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 stellt klar, dass in einem Beratungsmandat nach § 34 RVG auch eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV anfallen kann.
Rz. 104
Der Rechtsanwalt erhält die Einigungsgebühr auch dann, wenn er nur bei den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat, es sei denn, dass seine Mitwirkung für den Abschluss des Vertrages nicht ursächlich war (Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV). Mitwirkung i.S.d. Nr. 1000 VV setzt nicht voraus, dass der Rechtsanwalt persönlich mit der Gegenpartei verhandelt hat oder bei dem endgültigen Abschluss der Einigung anwesend war; es genügt bereits die Prüfung und Begutachtung des Einigungsvorschlages und die Beratung des Mandanten. Die Mitwirkung muss für die Einigung zumindest mitursächlich gewesen sein.
Rz. 105
Das Einverständnis des Mandanten mit einem geschlossenen Vergleich muss der Rechtsanwalt beweisen, es sei denn, der Vergleich ist die einzige Möglichkeit, einen Vermögensschaden vom Mandanten abzuwenden. Bei der Häufigkeit von Vergleichen im Arbeitsrecht sollte schon bei der Mandatsannahme mit dem Mandanten nicht nur besprochen werden, welche Ansprüche geltend gemacht werden, sondern auch, in welchem Bereich eine Einigung liegen kann. Diese Absprache zwischen dem Anwalt und dem Mandanten muss der Anwalt dokumentieren und beweisen können. Die Möglichkeit, einen Vergleich zunächst nur widerruflich zu vereinbaren, mindert regelmäßig die Regressgefahr. Bei "seinem" Arbeitsgericht wird der Anwalt Verständnis für den Abschluss eines Vergleiches nur mit Widerrufsmöglichkeit finden, wenn seine Mandanten regelmäßig davon keinen Gebrauch machen. Dieses Ergebnis lässt sich erzielen, wenn der Bereich, in dem eine vergleichsweise Einigung liegen kann, rechtzeitig vor dem Gerichtstermin mit dem Mandanten vereinbart ist.
Rz. 106
Soweit über den Gegenstand der Einigung ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist, betragen die Gebühren der Nr. 1000 bis 1002 VV lediglich 1,0. Das gleiche gilt, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrages im Sinne der Nr. 1000 VV erstreckt, Anmerkung zu Nr. 1003 VV. Diese Anmerkung verweist nunmehr ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 RVG. Allein die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Vergleich führt also nicht dazu, dass dem Rechtsanwalt statt einer 1,5 nur eine 1,0 Einigungsgebühr zusteht.
Rz. 107
Häufiger Anwendungsfall der Nr. 1000 VV im gerichtlichen Verfahren und damit des Gebührensatzes von 1,5 ist der Vergleichsmehrwert. § 48 Abs. 1 RVG stellt nun klar, dass bei der Prozesskostenhilfebewilligung alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeit entstehen, umfasst sind. Es sollte darauf werden, dass die Prozesskostenhilfebewilligung auch den Abschluss des Vergleiches mit dem Mehrwert umfasst.
Rz. 108
Weil sich eine Kündigung als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung nach Zugang nicht zurücknehmen lässt, ist die im arbeitsgerichtlichen Gütetermin protokollierte Vereinbarung, dass nach Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in ungekündigter Art und Weise fortbestehen soll, ein aufgrund gegenseitigen Nachgebens beider Parteien bewirkter Vergleich, der eine Einigungsgebühr auslöst.
Rz. 109
Für die Mitwirkung bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vertrag erhält der Rechtsanwalt die Einigungsgebühr, wenn die Bedingung eingetreten ist oder der Vertrag nicht mehr widerrufen werden kann (Abs. 3 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV).
Rz. 110
Aus dem Wortlaut ("es sei denn") in Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV ergibt sich, dass der Mandant darlegen und beweisen muss, dass die Mitwirkung des Rechtsanwaltes für den Vergleichsabschluss nicht ursächlich gewesen ist. Für die Entstehung der Einigungsgebühr genügt es, wenn der Rechtsanwalt irgendwelche Bemühungen mit der Zielrichtung eines Vertragsabschlusses vorgenommen hat.
Rz. 111
Hat der Vertrag eine...