Rz. 47

Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Da früher der Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse bei Mehrvergleich höchst umstritten war, hat der Gesetzgeber klärend eingegriffen. Dabei ist zwischen den verschiedenen Verfahren zu differenzieren.

In einer Ehesache erstreckt sich im Falle eines Mehrvergleichs die Beiordnung nach § 48 Abs. 3 RVG automatisch auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag die Folgesachen (Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Sorge- und Umgangsrecht, Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen, Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, Versorgungsausgleich) betrifft.

Bei der Einbeziehung nicht anhängiger Ansprüche außerhalb des Anwendungsbereichs des § 48 Abs. 3 RVG erfolgt keine automatische Erstreckung. Die Erstreckung der Prozesskostenhilfe muss daher unbedingt gesondert beantragt werden. Wurde kein ausdrücklicher Erstreckungsantrag gestellt, aber erst nach dem Abschluss des Mehrvergleichs über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden, wird allerdings teilweise vom Vorliegen eines konkludenten Antrags ausgegangen. Auch in diesem Fall muss jedoch darauf geachtet werden, dass sich die Bewilligung im Beschluss ausdrücklich auch auf den Vergleich erstreckt und bei Fehlen ggf. eine entsprechende Ergänzung nach § 321 ZPO beantragt[54] oder Beschwerde eingelegt wird. Dabei ist unbedingt an die 2-Wochen-Frist zu denken. Denn der Urkundsbeamte ist an den Bewilligungsbeschluss gebunden. Zur Sicherheit sollte aber immer ein ausdrücklicher Antrag gestellt werden, da nicht alle Gerichte in diesem Fall eine stillschweigende Antragstellung bejahen.[55]

Auch der Meinungsstreit, welche Gebühren im Falle einer automatischen oder bewilligten Erstreckung aus der Staatskasse zu erstatten sind, hat sich erledigt. Durch die Formulierung in § 48 Abs. 1 S. 2 RVG[56] und § 48 Abs. 3 S. 1 RVG hat der Gesetzgeber eindeutig klargestellt, dass der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen umfasst, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind. Es ist daher inzwischen unumstritten, dass auch die Verfahrensdifferenz- und Terminsdifferenzgebühren sowie die Einigungsgebühr in voller Höhe im Rahmen der PKH/VKH zu erstatten sind.

Noch nicht abschließend geklärt ist die Höhe der Einigungsgebühr aus dem Mehrwert im Fall des § 48 Abs. 1 RVG. Nach Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1003 VV RVG beträgt die Einigungsgebühr u.a. auch dann nur 1,0, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 VV RVG erstreckt (§ 48 Abs. 1 und 3 RVG). Während nach der Anpassung von Nr. 1000 VV RVG ganz überwiegend der Anfall einer vollen 1,5-Einigungsgebühr bejaht wird,[57] hält soweit ersichtlich allein das LAG München an einer Reduzierung der Einigungsgebühr auf 1,0 fest.[58]

 

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Praxistipp

Um keine Gebühren zu verlieren, muss vor Abschluss eines Mehrvergleichs außer im Fall des § 48 Abs. 3 RVG unbedingt an einen entsprechenden Erstreckungsantrag gedacht werden. Bei Bewilligung nach Abschluss des Vergleichs ist zudem der Umfang des Beschlusses genau zu prüfen und ggf. innerhalb der Frist dagegen vorzugehen.

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