Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 145
Die Gebühr für eine gerichtliche oder außergerichtliche Einigung wird im Rahmen eines bestehenden Verkehrsrechtsschutzes grundsätzlich vom Rechtsschutzversicherer übernommen. Hier ist allerdings eine Einschränkung durch die ARB zu beachten, die in der Praxis nicht unerhebliche Auswirkungen hat: Nach § 5 Abs. 3b ARB 2010 (bzw. unter 3.3 ARB 2012/2019 genannte Leistungseinschränkungen), der für gerichtliche und außergerichtliche Einigungen gilt, trägt der Versicherer die Kosten einer einverständlichen Einigung nur insoweit, als sie dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen. Maßgeblich ist dabei allein das mathematische Wertverhältnis von Obsiegen und Unterliegen, nicht der hypothetische Prozessausgang oder der Umfang von in den Vergleich einbezogenen sonstigen Ansprüchen.
Rz. 146
Beispiel
Eigentümer E macht nach einem Verkehrsunfall Sachschaden in Höhe von 5.000 EUR sowie Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR außergerichtlich geltend. Der gegnerische Haftpflichtversicherer wendet ein Mitverschulden des E von 50 % ein. Schließlich einigt man sich darauf, dass E einen Betrag von 4.900 EUR erhält und die Hälfte der Kosten übernimmt.
Der Anwalt des E kann folgende Gebühren aus einem Gegenstandswert von 7.000 EUR in Rechnung stellen:
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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579,80 EUR |
2. 1,5-Einigungsgebühr, VV 1000 |
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669,00 EUR |
3. Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
1.268,80 EUR |
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4. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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241,07 EUR |
Gesamt |
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1.509,87 EUR |
Diese Anwaltskosten kann E in Höhe von 754,94 EUR (50 %) vom Gegner verlangen. Von seinem Rechtsschutzversicherer erhält E jedoch nicht die zweite Hälfte der Kosten, sondern nur einen Betrag von 452,96 EUR (30 %) erstattet. Denn das erzielte Ergebnis (4.900 EUR) steht zum angestrebten Ergebnis (7.000 EUR) im Verhältnis 70 % zu 30 %, so dass auch die Kosten entsprechend hätten aufgeteilt werden müssen.
Rz. 147
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn eine abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist. Berücksichtigt der Anwalt diese Vorgabe der ARB nicht, macht er sich dem Mandanten gegenüber schadensersatzpflichtig.
Rz. 148
Im Hinblick auf diese Regelung, die verhindern soll, dass der rechtsschutzversicherte Mandant zu Lasten seines Versicherers eine Einigung abschließt, bei der er im Hinblick auf die Kosten mehr als erforderlich nachgibt, empfiehlt es sich, den Vergleich nur unter Widerrufsvorbehalt abzuschließen und ihn dann vom Rechtsschutzversicherer genehmigen zu lassen. Diesem muss dann dargelegt werden, welche Gründe für ein übermäßiges Nachgeben bei den Kosten bestehen. Bei gerichtlichen Vergleichen reicht oft schon der im Verhandlungsprotokoll aufgenommene Hinweis des Gerichts aus, dass ein Vergleichsschluss dieses Inhalts nahe gelegt wird.
Rz. 149
Alternativ bietet sich im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, eine Einigung nur in der Hauptsache zu treffen und dem Gericht durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache die Entscheidung über die Kosten gemäß § 91a ZPO zu überlassen. An diese Entscheidung ist der Rechtsschutzversicherer gebunden, auch wenn sie nicht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen entspricht. Denn diese Kosten sind nicht im Zusammenhang mit der Einigung der Parteien, sondern im Zusammenhang mit der gerichtlichen Entscheidung nach § 91a ZPO entstanden. Allerdings entfällt bei dieser Vorgehensweise die Reduzierung der Gerichtskosten von der dreifachen auf die einfache Gebühr im erstinstanzlichen Verfahren (Nr. 1211 Nr. 3 und 4 KV GKG) bzw. von der vierfachen auf die zweifache Gebühr im Berufungsverfahren (Nr. 1222 Nr. 3 und 4 KV GKG), sofern die Parteien nicht vorab auf eine Begründung und auf Rechtsmittel gegen den Kostenbeschluss verzichten.