Rz. 4

Voraussetzung für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft ist, dass der Erbe unbekannt ist.

Dies ist bei folgenden Konstellationen denkbar:

erhebliche, nicht sofort entkräftbare Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Vorliegen eines Testaments[7]
Streit zwischen mehreren Erbprätendenten über die Erbfolge[8]
Unklarheit über die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung[9]
beachtliche Unwirksamkeitsgründe bspw. bei evtl. Sittenwidrigkeit eines Testaments[10]
die Vaterschaft eines nichtehelichen Kindes ist beim Erbfall noch nicht festgestellt; u.U. auch bei Unklarheit über die Höhe der Erbquoten[11]
der Erbe ist vor dem Erbfall gezeugt, aber noch nicht geboren (§ 1923 Abs. 2 BGB "nasciturus"); die lediglich theoretische Annahme, es könnten weitere bisher unbekannte Kinder geboren oder gezeugt sein, reicht nicht aus
bei Einsetzung einer genehmigungspflichtigen Stiftung zur Erbin ist bis zur Erteilung der Genehmigung die Erbfolge unklar.[12]
 

Rz. 5

Ist die Wirksamkeit der Annahme der Erbschaft bzw. deren Anfechtung zweifelhaft, so besteht eine Ungewissheit über die Erbschaftsannahme im Sinne des § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB.[13] Insbesondere in den Fällen, in denen die Annahme der Erbschaft angefochten wird (§§ 1954, 1956 BGB), ist ungewiss, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Darüber ist letztlich in einem Erbscheinsverfahren oder in einem Erbenfeststellungsprozess zu entscheiden.

[7] OLG Celle FamRZ 1959, 33; OLG Stuttgart BWNotZ 1978, 163; OLG Köln FamRZ 1989, 547; BayObLG FamRZ 1996, 308.
[8] OLG Köln FamRZ 1989, 547; OLG Düsseldorf ZEV 1995, 111 m. Anm. Zimmermann = FamRZ 1995, 815.
[9] LG Oldenburg Rpfleger 1982, 105.
[10] OLG Celle FamRZ 1959, 33.
[11] BayObLGZ 1982, 284, 291.
[12] RGZ 75, 406; RGZ 76, 385; KG OLGZ 32, 90.
[13] MüKo-BGB/Leipold, § 1960 Rn 10.

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