Rz. 140

Bei einer Veräußerung des versicherten Gebäudes geht die Versicherung auf den Erwerber über, § 95 Abs. 1 VVG (Parteiauswechslung kraft Gesetzes). Für die Prämie der laufenden Versicherungsperiode haften Veräußerer und Erwerber gesamtschuldnerisch, § 95 Abs. 2 VVG i.V.m. §§ 421 bis 426 BGB.

 

Rz. 141

Da der Versicherung aber hierdurch ein neuer Vertragspartner aufgedrängt wird, kann sie das Versicherungsverhältnis mit einer Frist von einem Monat kündigen, § 96 Abs. 1 VVG. Der Erwerber kann mit sofortiger Wirkung oder aber zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen, § 96 VVG. Im Fall der Kündigung ist allein der Veräußerer für die Versicherungsprämie zahlungspflichtig, allerdings lediglich anteilig bis zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses, so dass der Nachlasspfleger eine eventuelle Rückerstattung anzufordern hat.

 

Rz. 142

Für das Innenverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber muss daher im Kaufvertrag über die Immobilie eine Regelung vereinbart werden:

 

Rz. 143

Muster 3.2: Klausel Wohngebäudeversicherung im Kaufvertrag

 

Muster 3.2: Klausel Wohngebäudeversicherung im Kaufvertrag

(...) Der Käufer tritt ab dem Zeitpunkt des Nutzungsübergangs in alle Rechte und Pflichten bezüglich der das Vertragsobjekt betreffenden Versicherungen ein. Auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 95 ff. VVG wurden die Beteiligten hingewiesen. Unberührt bleibt das Recht des Käufers, die bestehenden Sachversicherungen – soweit möglich – zu kündigen. Bis zum Tage des Nutzungsübergangs hat der Verkäufer die bestehenden Sachversicherungen aufrechtzuerhalten und die Versicherungsprämien pünktlich zu entrichten. Aufschiebend bedingt auf die Zahlung des Kaufpreises werden alle Ansprüche abgetreten, die dem Verkäufer gegen Dritte (etwa Sachversicherer, Schädiger, Werkunternehmer oder Planer) wegen eines Mangels oder Schadens am Vertragsobjekt zustehen (werden). (...)

 

Rz. 144

Die besondere Erwähnung der Verpflichtungen aus den Versicherungen ist auch deshalb nötig, weil diese rechtlich nicht zu den Lasten im Sinne der §§ 446, 103 BGB gehören.

 

Rz. 145

Der Nachlasspfleger hat der Versicherung die Veräußerung spätestens mit deren Vollendung (= Grundbucheintrag) unverzüglich anzuzeigen, andernfalls kann der Versicherer im Schadensfall leistungsfrei sein (vgl. § 97 VVG), wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Die Anzeigefrist beginnt, wenn der Veräußerer vom Grundbuchamt Nachricht über die erfolgte Umschreibung erhalten hat. Unverzüglich bedeutet nach § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Als Obergrenze wird allgemein eine Frist von zwei Wochen angesehen.[158] Nach den jeweiligen AVB kann gemäß § 98 S. 2 VVG für die Form der Anzeige die Schriftform nach § 126 BGB bestimmt werden. Dies erfordert eine eigenhändige Unterschrift, so dass ein Telefax nicht ausreicht.[159]

 

Rz. 146

Der Versicherungsschutz besteht also ab Kenntnis der Umschreibung und zzgl. der Anzeigefrist von maximal zwei Wochen für einen weiteren Monat. Tritt danach der Schadensfall ein und hat der Nachlasspfleger als Veräußerer die Anzeige versäumt, wird dieser zum Haftungsfall für den Pfleger.

 

Rz. 147

Zwar wird der Versicherer auch ohne eine Anzeige im Schadensfall nur dann von der Leistung befreit, wenn er den Versicherungsvertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte, § 97 Abs. 1 S. 2 VVG. Der Nachweis für dieses Tatbestandsmerkmal wird dem Versicherer auferlegt.[160] Rechtsprechung zu diesem Punkt existiert allerdings noch nicht. Den Nachweis kann der Versicherer dadurch führen, dass er anhand der Annahmerichtlinien darlegt, dass er bei Kenntnis von der Veräußerung den Vertrag gekündigt hätte oder indem er nachweist, dass er aufgrund eines erhöhten subjektiven Risikos, den Vertrag mit dem Erwerber nicht abgeschlossen hätte, z.B. weil dieser in der Vergangenheit besonders schadensauffällig war.[161] Insofern geht das Argument fehl, bei einer Massenversicherung, wie der Gebäudeversicherung, werde dieser Nachweis dem Versicherer kaum gelingen.[162]

[158] OLG Rostock, Beschl. v. 16. 7. 2007 – 6 U 171/06, NJW-RR 2007, 1671.
[159] Vgl. BGH, Urt. v. 30.7.1997 – VIII ZR 244/96, NJW 1997, 3169 = MDR 1997, 1006.
[160] MüKo-VVG/Reusch, § 97 Rn 3.
[161] Schwintowski/Brömmelmeyer/Loacker, VVG, § 97 Rn 12 m.w.N.
[162] So aber Berger, MittBayNot 2010, 164.

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