Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 120
Screenshots sind geeignet, die Glaubhaftmachung einer vorübergehenden technischen Störung, z.B. beim Versuch des Versands einer Nachricht aus dem beA, zu unterstützen. Einige Gerichte verlangen auch die Vorlage entsprechender Screenshots.
Rz. 121
Nach Ansicht des OLG Jena stellt der Ausdruck eines Screenshots auf Papier, anders als ein als Bildschirmdatei übergebener Screenshot, kein elektronisches Dokument i.S.d. § 371 Abs. 1 S. 2 ZPO dar. Ein Screenshot ist auch keine Urkunde, sondern vielmehr ein Augenscheinsobjekt i.S.d. § 371 Abs. 1 S. 1 ZPO in Form eines Augenscheinsurrogats. Aus diesem Grund bemisst sich seine Beweiskraft (auch als Glaubhaftmachungsmittel) allein nach § 286 ZPO (freie Beweiswürdigung), wenn ein erhöhter Beweiswert aufgrund der Anbringung von qualifizierten Signaturen oder elektronischen qualifizierten Zeitstempeln gem. Art. 41 Abs. 2 eIDAS-VO vorliegt. Sobald ein Screenshot in ein Word-Dokument eingefügt und dieses sodann in ein PDF-Dokument umgewandelt wird, können entsprechende Detailinformationen zu diesem Screenshot nicht mehr abgerufen werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Screenshot gesondert abzuspeichern. Unter dem Button "Ansicht" und sodann die Auswahl des Buttons "Details" können jedoch, je nach verwendetem Programm, Datum und Uhrzeit der Erstellung eines Screenshots dargestellt werden, was ihren Beweiswert deutlich erhöhen dürfte, auch wenn diese Datumsangabe nicht auf einem qualifizierten elektronischen Zeitstempel gem. Art. 41 Abs. 2 eIDAS-VO beruht.
Rz. 122
So bietet es sich gerade in Fristsachen an, dem Gericht auch einen Nachweis über Datum und Uhrzeit der Erstellung der Screenshots mitzuliefern. Selbstverständlich kann aber natürlich der die Screenshots erzeugende Mitarbeiter eine entsprechende Aussage als Zeuge hierüber treffen (ggf. im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung). Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass möglicherweise das Gericht die in einen Schriftsatz eingefügten Screenshots als eigene gesonderte Dateien anfordert, um die eidesstattlich versicherten Angaben durch Ansicht/Details überprüfen zu können. Es wäre daher wichtig, dass Mitarbeiter darauf achten, zu der Herstellung einzelner Screenshots nur solche Angaben eidesstattlich zu versichern, die sie auch tatsächlich versichern können.
Rz. 123
In dem vom OLG Jena entschiedenen Fall ging man zur Prüfung der Beweiswürdigkeit des Screenshots sogar so weit, aufgrund enthaltener Bemerkungen auf dem Screenshot Rückschlüsse auf den Cache (Puffer-Speicher, d.h. geleert oder nicht geleert) zu ziehen. Der hier vernommene sachverständige Zeuge trug vor, dass der auf dem Screenshot enthaltene Hinweis bei geleertem Cache und Verwendung des aktuellsten Browsersystem nicht erschienen wäre, sodass das Gericht zu der Überzeugung kam, dass im Cache (veraltete) Daten hinterlegt waren, die den Beweiswert des vorgelegten Screenshots ganz erheblich schwächten. Im Rahmen der Gesamtwürdigung durch den Senat war für diesen der allein zum Beweis vorgelegte Screenshot nicht ausreichend, den Inhalt der beanstandeten Internetseite/des Angebots der Beklagten zuverlässig zu zeigen, sodass die erheblichen verbleibenden Zweifel zulasten des beweisbelasteten Klägers gingen, da der Beweisführer, in diesem Fall der Kläger, auch die Beweislast für Hilfstatsachen für die Echtheit und Unverfälschtheit des Augenscheinobjekts, hier also des Screenshots, als Augenscheinsurrogat trägt.
Rz. 124
Der BGH hat die Vorlage eines Screenshots der vom EGVP automatisch erstellten Eingangsbestätigung im Ergebnis als Nachweis für den rechtzeitigen Zugang eines elektronischen Dokuments gelten lassen. In einem Fall versagte das LAG Schleswig-Holstein die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist, da es den Vortrag des Anwalts nicht für ausreichend erachtete. So hielt das LAG Schleswig-Holstein insbesondere zum Thema "Screenshot" Folgendes fest:
Zitat
"Objektive Angaben zu den Eingaben in das Programm fehlen. Ein Screenshot ist nicht vorgelegt, der durch Anzeigen der Bildschirmoberfläche die Eingaben des Prozessbevollmächtigten und die Reaktion der Software belegt. Die Erstellung eines Screenshots hätte jedenfalls, wenn der Prozessbevollmächtigte den Vorgang sieben- bis achtmal wiederholt hat, auch nahegelegen, um die Fehlerhaftigkeit der Software zu dokumentieren. Auch eine sonstige Auswertung der Metadaten des Programms in der fraglichen Zeit liegt nicht vor. Hierüber könnte unter Umständen ebenfalls festgestellt werden, warum die Adresse des LAG Schleswig-Holstein nicht ermittelt werden konnte. So kann letztlich nicht festgestellt werden, warum die Versendung der Berufungsbegründungsfrist gescheitert ist."
Rz. 125
Zur Erzeugung von Screenshots siehe auch § 12 Rdn 95 ff in diesem Werk.
Rz. 126
Prüfprotokolle (hier: Fehlversand) wurden vom OVG Münster in dem dort entschiedenen Fall als Glaubhaftmachungsmittel für ausreichend erachtet. Newsletter bezogen über www.egvp.de sowie Nachweise (Mailverk...