Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 6
Ist der Anwalt nur mit der Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels beauftragt, richtet sich die Gebühr nach Nr. 2100 VV. Dem Anwalt steht danach ein Gebührenrahmen von 0,5 bis 1,0 zu. Die Mittelgebühr beträgt 0,75. Die Gebührenhöhe bestimmt der Anwalt unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall. Insoweit will das LG Köln auch berücksichtigen, welche Verfahrensgebühr das Rechtsmittelverfahren bei vorzeitiger Erledigung vorsieht. So begründet es die Höchstgebühr von 1,0 für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung auch damit, dass bereits die ermäßigte Verfahrensgebühr vor Einlegung der Berufung nach Nr. 3201 VV 1,1 betrage. Entsprechendes müsse danach auch für eine Beschwerde betreffend eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands gelten.
Rz. 7
Eine Erhöhung der Gebühr nach Nr. 1008 VV ist zwar möglich, in Familiensachen jedoch nahezu ausgeschlossen, da, sofern der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt, in aller Regel unterschiedliche Gegenstände vorliegen, deren Werte daher nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammenzurechnen sind.
Rz. 8
Erledigt sich der Auftrag vorzeitig, also bevor der Anwalt die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels geprüft hat, so findet eine Reduzierung des Gebührenrahmens nicht statt. Eine den Nrn. 3201 Nr. 1, 3207 VV vergleichbare Vorschrift gibt es nicht. Die vorzeitige Beendigung ist lediglich bei der Bemessung nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen. Es ist dann eine Gebühr im unteren Bereich, gegebenenfalls die Mindestgebühr, anzusetzen.
Beispiel 1: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels
Gegen seine erstinstanzliche Verpflichtung, Zugewinn in Höhe von 20.000,00 EUR zu zahlen, will der Antragsgegner Beschwerde einlegen und lässt sich beraten, ob eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der beauftragte Anwalt prüft dies und verneint die Erfolgsaussicht; die Beschwerde wird nicht eingelegt.
Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:
1. |
0,75-Prüfungsgebühr, Nr. 2100 VV |
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556,50 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
576,50 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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109,54 EUR |
Gesamt |
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686,04 EUR |
Beispiel 2: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels – mehrere Auftraggeber, verschiedene Gegenstände
Die Anträge auf künftige Unterhaltszahlung der Ehefrau (monatlicher Betrag 350,00 EUR) und des Kindes (monatlicher Betrag 281,00 EUR) sind abgewiesen worden. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, zu prüfen, ob eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt prüft dies und verneint die Erfolgsaussicht; die Beschwerde wird nicht durchgeführt.
Jeder Unterhaltsanspruch ist ein eigener Gegenstand; es liegt daher kein Fall der Nr. 1008 VV vor. Die Prüfungsgebühr erhöht sich daher nicht nach Nr. 1008 VV, sondern berechnet sich aus dem Gesamtwert in Höhe von (350,00 EUR + 281,00 EUR =) 631,00 EUR x 12 = 7.572,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. §§ 33 Abs. 1 S. 1, 35, 51 Abs. 1 FamGKG).
Der Anwalt erhält insgesamt:
1. |
0,75-Prüfungsgebühr, Nrn. 2100 VV |
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342,00 EUR |
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(Wert: 7.572,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
362,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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68,78 EUR |
Gesamt |
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430,78 EUR |