Rz. 23
§ 43 UrhG besagt, dass bei Werken, die in Erfüllung von Verpflichtungen aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen geschaffen werden, der Schutz des Urhebers dann gegenüber dem Arbeitgeber zurücktritt, wenn sich dies aus Inhalt und Wesen des Arbeitsverhältnisses ergibt. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, richtet sich nach dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers, wie er zuvor erörtert wurde (siehe Rdn 18 f.). Als Dienstverhältnisse sind demgegenüber jedenfalls die öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse der Beamten, Richter und Soldaten anzusehen. Umstritten ist, ob die Vorschrift auch auf privatrechtliche Dienstverhältnisse anwendbar ist, was aber hier im Einzelnen vernachlässigt werden kann.
Rz. 24
Hinweis
Für freie Mitarbeiter gelten die Besonderheiten der urheberrechtlichen Arbeitnehmervorschriften nicht. Sie bleiben also unbeschränkte Rechtsinhaber, was im Übrigen auch für sog. Scheinselbstständige maßgeblich sein muss, da deren Rechtsstellung nicht durch die Anwendung dieser Regelungen verschlechtert werden soll. Schließlich sind auch auf arbeitnehmerähnliche Personen nicht diese Regelungen anzuwenden.
Rz. 25
Im sachlichen Anwendungsbereich meint die Regelung alle Werke, die der Urheber in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat. Beispiele dafür sind Werke von Arbeitnehmern, die etwa im Dienst von Medienunternehmen die Aufgabe zu übernehmen haben, für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- oder Fernsehsendungen Texte zu verfassen oder zu bearbeiten, Zeichnungen und Grafiken zu fertigen, Bühnenbilder, Kostüme oder andere Ausstattungen zu entwerfen oder als Regisseure, Kameraleute oder Cutter Bildfolgen auf Film- oder Magnetband sowie digitalen Datenträgern zu gestalten oder zu bearbeiten. Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich ist der der Werbeunternehmen, die Textverfasser, Grafiker, Maler, Fotografen und ähnliche Personen mit der Maßgabe beschäftigen, Werbeplakate, Werbeprospekte, Werbefilme und Werbesendungen zu schaffen. Schließlich sind die angestellten Komponisten, Arrangeure, Orchestermusiker und Bandmitglieder zu nennen.
Rz. 26
In der Beratungspraxis stellen sich regelmäßig folgende Fragen:
1. |
Wem steht das Nutzungsrecht an Werken zu, die der Arbeitnehmer-Urheber vor Begründung des Arbeitsverhältnisses geschaffen hat? Gehen diese stillschweigend auf den (neuen) Arbeitgeber über? Da die Werke im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen worden sein müssen, verbleibt das Nutzungsrecht beim Arbeitnehmer. Eine stillschweigende Rechtseinräumung erfolgt nicht, selbst dann nicht, wenn das Werk dem Arbeitgeber überlassen wird. |
2. |
Wem stehen die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffenen Werke nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu? Gilt dies unbegrenzt? Die Rechtsprechung bejaht eine zeitlich unbeschränkte Rechtseinräumung. Letztlich ist allerdings auf den Inhalt und das Wesen des einzelnen Arbeitsvertrages abzustellen. Da es immer Unsicherheiten gibt, sollte eine eindeutige vertragliche Regelung erfolgen. In einigen Tarifverträgen ist die zeitlich unbeschränkte Rechtseinräumung ausdrücklich geregelt, und zwar jeweils bezogen auf den betrieblichen Zweck. |
3. |
Wie erlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die urheberrechtlichen Nutzungsrechte? Ist eine Rechtseinräumung notwendig? In welchem Umfang erlangt der Arbeitgeber diese Rechte? Eine Rechtseinräumung ist zwar notwendig, allerdings schränkt § 43 UrhG die Rechte des Arbeitnehmers gerade ein. Er behält seine Rechte nur, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeitsverhältnisses nichts anderes ergibt. Den Arbeitnehmer trifft die Pflicht zur Nutzungseinräumung, was nach überwiegender Auffassung im Zweifel zur Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte führt. Denn der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, die Rechte ausschließlich zu nutzen, also unter Ausschluss des Arbeitnehmers. Dies kann auch stillschweigend geschehen (regelmäßig mit Übergabe der zu bearbeitenden Sache). Im Hinblick auf den Umfang der Nutzungseinräumung wird auf den betrieblichen Zweck abgestellt. Dieser ist auf die organisatorische Einheit bezogen, innerhalb derer ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Hat der Arbeitgeber mehrere Betriebe, richtet sich der Umfang der Rechtseinräumung nur nach den Bedürfnissen des Betriebs, für den der Arbeitnehmer tätig ist. Im Übrigen kommt die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG zum Tragen (siehe unten Rdn 113). |
4. |
Wie wirkt es sich aus, wenn der Arbeitgeber seinen Betriebszweck ändert? Kann der Arbeitgeber über den Betriebszweck hinaus das Werk des Arbeitnehmer-Urhebers nutzen? Aus der Antwort der zuvor behandelten Frage (3) folgt, dass der Arbeitgeber bei der Änderung oder Erweiterung des Betriebszwecks weitere Nutzungsrechte benötigt. Erweitert etwa ein Buchverlag sein wirtschaftliches Betätigungsfeld auf Hörfunk- und Fernsehproduktionen, so ... |