Lars Micker, Rabea Schwarz
1. Überblick
Rz. 37
Weitere Voraussetzung der Betriebsaufspaltung ist die personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen. Diese ist anzunehmen, wenn hinter den beiden rechtlich selbstständigen Unternehmen eine Person oder Personengruppe steht, die in Bezug auf beide Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen hat und in der Lage ist, diesen in beiden Unternehmen durchzusetzen.
Rz. 38
Kann eine Person oder Personengruppe ihren einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Betriebsunternehmen als auch im Besitzunternehmen durchsetzen, spricht man von Beherrschungsidentität.
2. Einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille
Rz. 39
Bislang ungeklärt ist, auf was sich der einheitliche geschäftliche Betätigungswille beziehen muss. Dieser liegt jedenfalls dann vor, wenn der Besitzunternehmer in der Lage ist, jede einzelne Maßnahme der Geschäftsführung bei dem Betriebsunternehmen unmittelbar durch seine Willensentscheidung zu bestimmen. Dies ist stets der Fall, wenn eine Einmann-Betriebsaufspaltung bzw. eine Einheits-Betriebsaufspaltung vorliegen.
Rz. 40
Schwieriger sind die Konstellationen zu bewerten, in denen eine Mehrpersonen-Betriebsaufspaltung gegeben ist, insbesondere wenn innerhalb des Betriebsunternehmens oder des Besitzunternehmens unterschiedliche Stimmrechtsverhältnisse für verschiedene Geschäfte vereinbart worden sind. Nach der Rechtsprechung ist in diesen Fällen nicht erforderlich, dass jede einzelne Maßnahme der Geschäftsführung beim Betriebsunternehmen unmittelbar durch eine Willensentscheidung der das Besitzunternehmen beherrschenden Person oder Personengruppe bestimmt ist.
Rz. 41
Es genügt vielmehr, wenn sich aufgrund der Befugnis, die Mitglieder der geschäftsführenden Organe der Betriebsgesellschaft bestimmen und abberufen zu können, auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten kann, der vom Vertrauen der das Besitzunternehmen beherrschenden Personen getragen ist und demgemäß mit deren geschäftlichen Betätigungswillen grundsätzlich übereinstimmt.
Rz. 42
Für die Annahme einer personellen Verflechtung ist es des Weiteren unschädlich, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer nicht vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit ist. In diesem Sinne hat der BFH eine personelle Verflechtung zwischen einer GbR und einer Betriebs-GmbH für den Fall angenommen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der GbR, der alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist, von der GbR nicht vom Verbot des § 181 BGB befreit ist, aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der Betriebs-GmbH aber bewirken kann, dass auf Seiten der GmbH nicht er selbst, sondern ein anderer auftritt.
Rz. 43
Bei Testamentsvollstreckung ist wie folgt zu unterscheiden: Der einheitliche Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Person oder Personengruppe kann nicht durch einen Testamentsvollstrecker ersetzt werden. Denn ein Testamentsvollstrecker ist nicht in der Lage, hinsichtlich der Erbengemeinschaft, zu der ein Betriebsunternehmen und ein Besitzunternehmen gehört, einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen zu entwickeln, weil er nur die Stellung eines Treuhänders hat. Der Testamentsvollstrecker verfolgt keine eigenen Interessen, sondern er muss widerstreitende Interessen der Erben berücksichtigen.
Rz. 44
Anders liegen dagegen Fälle, in denen es nicht um die Begründung einer personellen Verflechtung, sondern darum geht, ob eine bereits bestehende Beherrschungsidentität durch die Testamentsvollstreckung aufgehoben wird. In diesem Fall ist das Handeln des Testamentsvollstreckers den Erben auch im Rahmen der Beurteilung der personellen Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen zuzurechnen.
Rz. 45
In den Fällen einer Zwangsverwaltung, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer Insolvenz kann nicht von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durch den Zwangsverwalter, Vergleichsverwalter oder Insolvenzverwalter ausgegangen werden, wenn der Verpächter einer wesentlichen Betriebsgrundlage mit dem pachtenden Betriebsunternehmens nichts zu tun hat, sondern für beide Bereiche (Pächter und Verpächter) lediglich zufällig dieselbe Person als Verwalter eingesetzt wird.
3. Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens
Rz. 46
Die Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens ist stets bei der Einmann-Betriebsaufspaltung gegeben, also wenn der Besitzunternehmer auch alleiniger Anteilseigner an der Betriebs-GmbH ist. ...