Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 33
Der allgemeine Kündigungsschutz beginnt erst nach Ablauf einer Wartezeit. Nach § 1 Abs. 1 KSchG kann sich grds. nur der Arbeitnehmer auf den Kündigungsschutz nach dem KSchG berufen, dessen Arbeitsverhältnis bei Ausspruch der Kündigung in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Tatsächliche Unterbrechungen wie Krankheit oder Urlaub sind für den Lauf der Wartefrist unschädlich. Damit ist nur der kalendermäßig feststellbare rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Geltung des KSchG im Einzelfall maßgebend (BAG v. 16.3.1989 – 2 AZR 407/88, DB 1989, 2282). Für die Berechnung der Sechs-Monats-Frist des § 1 Abs. 1 KSchG gelten die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.
Rz. 34
Beispiel
Wer am 1.4. eines Jahres eingestellt wird, genießt ab dem 1.10. dieses Jahres den allgemeinen Kündigungsschutz unabhängig davon, ob er während der Wartezeit von sechs Monaten z.B. zwei oder drei Monate arbeitsunfähig krank war oder ob er aus sonstigen Gründen ein oder zwei Wochen (z.B. wegen eines Streikes oder wegen Aussperrung) am Arbeitsplatz gefehlt hat.
§ 193 BGB findet auf die Berechnung der Wartezeit i.S.v. § 1 Abs. 1 KSchG hingegen keine Anwendung (BAG v. 24.10.2013 – 2 AZR 1057/12 – [Ls.], NZA 2014, 725). Der Zeitraum von sechs Monaten verlängert sich deshalb nicht, wenn sein letzter Tag auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt (BAG v. 24.10.2013, 2 AZR 1057/12, NZA 2014, 725).
Rz. 35
Für die Frage, ob die Wartezeit bereits erfüllt war oder nicht, ist nicht maßgebend, wann das Kündigungsschreiben den Machtbereich des Arbeitgebers verlässt (z.B. durch Aufgabe zur Post) oder zu wann die Frist für die ordentliche Kündigung endet, sondern allein der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer (BAG v. 20.9.1957 – 1 AZR 136/56, NJW 1958, 37; BAG v. 28.9.1978 – 2 AZR 2/77, NJW 1979, 2421).
Rz. 36
Rz. 37
Die Sechs-Monats-Frist wird auch erfüllt, wenn mit dem Arbeitnehmer im Einzelfall in zulässiger Weise eine Probezeit von über sechs Monaten vereinbart worden ist (s. dazu BAG v. 7.5.1980 – 5 AZR 593/78, ARST 1981, 3). Auch dann ist eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von sechs Monaten gem. § 1 Abs. 2 KSchG nur noch wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist (BAG v. 15.8.1984 – 7 AZR 228/82, NJW 1985, 2158). Infolgedessen ist nicht zu empfehlen, eine Probezeit zu vereinbaren, die länger als sechs Monate dauern soll.