Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 1166
Nach § 5 Abs. 3 BetrVG findet dieses Gesetz keine Anwendung auf leitende Angestellte. Es hat sich aber gezeigt, dass auch für leitende Angestellte ein Bedürfnis nach betrieblich-kollektiver Interessenvertretung besteht. Das am 1.1.1989 in Kraft getretene Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten brachte für die Personengruppe der leitenden Angestellten die gesetzliche Etablierung von Sprecherausschüssen.
Rz. 1167
Die Rechtsstellung der in den Sprecherausschuss gewählten leitenden Angestellten hat in dem Gesetz eine eher untergeordnete Regelung erfahren. Neben der in § 29 SprAuG geregelten Verschwiegenheitspflicht und der in den §§ 9 Abs. 1, 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 23 Abs. 1 SprAuG verankerten Sanktionen bei einer groben Verletzung der gesetzlichen Pflichten räumt § 14 SprAuG einen Freistellungs- und Kostenerstattungsanspruch ein. Aufgrund dieser zurückhaltenden Regelungsdichte liegen zahlreiche Divergenzen zu der persönlichen Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder vor, insb. auch beim Kündigungsschutz.
Rz. 1168
Für die Rechtsstellung der Arbeitnehmer ist der Schutz vor Kündigungen von erheblicher Bedeutung, um eine sachgerechte Interessenvertretung abzusichern. Das SprAuG verzichtet allerdings auf einen Sonderkündigungsschutz, wie er in den §§ 15 KSchG, 103 BetrVG für die Mitglieder betriebsverfassungsrechtlicher Organe bzw. in § 96 Abs. 3 SGB IX für die Schwerbehindertenvertretung vorgeschrieben ist. Nach der eindeutigen Gesetzeslage kann den Mitgliedern des Sprecherausschusses sowohl ordentlich als auch außerordentlich gekündigt werden. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus davon abgesehen, die Kündigungsbefugnis des Arbeitgebers mit einer Zustimmung des Sprecherausschusses zu verknüpfen. Vor der Kündigung eines Sprecherausschussmitgliedes ist er lediglich zur Durchführung des allgemeinen Anhörungsverfahrens verpflichtet (§ 31 Abs. 2 SprAuG). Für eine entsprechende Anwendung des in § 15 Abs. 1 KSchG verankerten Sonderkündigungsschutzes fehlen die methodischen Voraussetzungen.
Rz. 1169
Einen relativen Kündigungsschutz für die Mitglieder des Sprecherausschusses bewirkt jedoch das allgemeine Behinderungsverbot, § 2 Abs. 3 SprAuG. Danach dürfen Sprecherausschussmitglieder nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Der hieraus folgende eingeschränkte Kündigungsschutz verhindert, dass das Sprecherausschussmitglied wegen seiner ordnungsgemäßen Amtstätigkeit gemaßregelt wird. Die Kündigung, die eine Amtsbehinderung und/oder eine Benachteiligung des Sprecherausschussmitglieds darstellt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 SprAuG gem. § 134 BGB unwirksam.
Rz. 1170
Dem leitenden Angestellten obliegt jedoch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kündigung nur deshalb ausgesprochen wurde, um die Amtsausübung zu verhindern oder ihn wegen seiner pflichtgemäßen Amtstätigkeit zu sanktionieren. Die Unwirksamkeit der Kündigung kann unabhängig von den Voraussetzungen des KSchG nach § 13 Abs. 3 KSchG ohne Einhaltung der Klagefrist geltend gemacht werden.