Rz. 131
Um die Prozesskosten gering zu halten, wird häufig zunächst nur ein Teilbetrag eingeklagt. Schließen die Parteien im gerichtlichen Verfahren einen Vergleich, bei dem nicht rechtshängige Ansprüche mit in die Einigung aufgenommen werden, so entstehen zwei Einigungsgebühren, und zwar eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG aus dem Wert der gerichtlich anhängigen Ansprüche und eine 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG aus dem Wert der nicht anhängigen Ansprüche. Beide Gebühren dürfen jedoch nach § 15 Abs. 3 RVG nicht höher sein als eine Gebühr aus dem höchsten Satz nach dem gesamten Streitwert, d.h. nicht mehr als eine 1,5 Einigungsgebühr aus dem Wert der addierten Ansprüche.
Rz. 132
Zusätzlich zu dieser Einigungsgebühr entsteht für die Verhandlung der in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche eine Differenzverfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG in Höhe von 0,8.
Rz. 133
Diese Differenzverfahrensgebühr erhält der Rechtsanwalt auch dann, wenn die Einigung widerrufen wird. Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist, dass beantragt wird, die Einigung der Parteien oder mit Dritten hinsichtlich der nicht rechtshängigen Ansprüche zu Protokoll zu nehmen. Auch die Verhandlung allein über solche Ansprüche lässt die Differenzverfahrensgebühr bereits entstehen. Im Gesetz heißt diese Gebühr im Übrigen auch nur Verfahrensgebühr; Differenzverfahrensgebühr ist ein Begriff aus der Praxis, den auch der BGH verwendet. Bei dem Begriff Differenzverfahrensgebühr wird sofort klar, dass es sich um die 0,8 Verfahrensgebühr handelt, die aus der Differenz zwischen dem eingeklagten und dem am Ende verglichenen Wert entsteht. "In diesem Verfahren nicht rechtshängig" heißt, dass diese Ansprüche, die in die Einigung mit einbezogen werden, in diesem Prozess nicht mit eingeklagt worden sind. Sie können allerdings in einem anderen Prozess geltend gemacht worden sein. Dies hätte jedoch Auswirkungen auf die Höhe der Einigungsgebühr, siehe oben.
Rz. 134
Auch die Differenzverfahrensgebühr darf nach § 15 Abs. 3 RVG zusammen mit der 1,3 Verfahrensgebühr nicht höher sein als eine Verfahrensgebühr in Höhe des Höchstsatzes (in 1. Instanz 1,3) aus den addierten Werten.
Rz. 135
Beispiel
Nach Klageeinreichung auf Zahlung eines Betrags von 24.750,00 EUR einigen sich die Parteien nach streitiger Verhandlung auch über nicht rechtshängige Ansprüche von 36.000,00 EUR darauf, dass der Beklagte zur Abgeltung aller Ansprüche einen Betrag von 45.000,00 EUR zahlt. Dabei werden in die Einigung die nicht rechtshängigen Ansprüche in Höhe von 36.000,00 EUR mit einbezogen.
Abrechnung nach RVG:
Wert: 24.750,00 EUR/36.000,00 EUR |
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1,3 Verfahrensgebühr aus 24.750,00 EUR |
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(§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 VV RVG |
1.024,40 EUR |
0,8 Differenzverfahrensgebühr aus 36.000,00 EUR |
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(§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG = 810,40 EUR gem. § 15 Abs. 3 RVG jedoch nicht mehr als 1,3 aus 50.750,00 EUR = 1.622,40 EUR |
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(Kürzung um 212,40 EUR) |
598,00 EUR |
1,2 Terminsgebühr aus 50.750,00 EUR |
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(§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3104 VV RVG |
1.497,60 EUR |
1,0 Einigungsgebühr aus 24.750,00 EUR |
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(§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 RVG) Nr. 1003 VV RVG |
788,00 EUR |
1,5 Einigungsgebühr aus 36.000,00 EUR |
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(§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 RVG) Nr. 1000 VV RVG = 1.519,50 EUR gem. § 15 Abs. 3 RVG jedoch nicht mehr als 1,5 aus 50.750,00 EUR = 1.872,00 EUR |
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(Kürzung um 435,50 EUR) |
1.084,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
5.012,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
952,28 EUR |
Summe |
5.964,28 EUR |