Rz. 197
Für die Vertretung des Antragstellers im Mahnverfahren erhält der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3305 VV RVG in Höhe von 1,0. Nach dem RVG wird zwischen der Höhe der Verfahrensgebühr für ein Prozessverfahren (1,3) und der Höhe einer Verfahrensgebühr im Mahnverfahren (1,0) unterschieden. Die höhere Gebühr im Prozessverfahren ist im Hinblick auf die Mehrarbeit einer Klage durchaus angemessen. Nach Vorbemerkung 3.3.2. kann der Rechtsanwalt im Mahnverfahren eine Terminsgebühr verdienen. Da nach § 17 Nr. 2 RVG das Mahnverfahren und das streitige Verfahren verschiedene Angelegenheiten darstellen, kann die Terminsgebühr zweimal entstehen, so z.B. einmal für eine telefonische Besprechung zwischen RA und Antragsgegner nach Zustellung des Mahnbescheides und einmal im Gerichtstermin, wenn nach Wider- oder Einspruch das streitige Verfahren folgt. Allerdings existiert eine Anrechnungsvorschrift für eine im Mahnverfahren entstandene Terminsgebühr auf eine Terminsgebühr des gerichtlichen Verfahrens in Abs. 4 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV RVG. Nimmt der Rechtsanwalt daher im streitigen Verfahren z.B. einen Termin wahr, muss er eine etwaig entstandene Terminsgebühr des Mahnverfahrens anrechnen, d.h. wieder abziehen.
Rz. 198
Die Verfahrensgebühr für die Vertretung des Antragsgegners beträgt gemäß Nr. 3306 VV RVG 0,5. Der Anwalt erhält die Verfahrensgebühr in Höhe von 0,5 nicht mehr nur für die Erhebung eines Widerspruchs, sondern vielmehr pauschal für die Vertretung des Antragsgegners. Reicht er den Mahnbescheid nicht selbst ein, sondern der Mandant, kann die Mahnverfahrensgebühr nach Nr. 3306 VV RVG in Höhe von 0,5 für den Anwalt entstehen, wenn er anderweitig im Mahnverfahren tätig wird, z.B. wenn er nach Zustellung des vom Mandanten beantragten Mahnbescheides mit dem Schuldner über die Zurücknahme eines Widerspruchs verhandelt. Sobald der Rechtsanwalt einen Schriftsatz einreicht, der Sachanträge, Sachvortrag oder die Zurücknahme des Antrags enthält, entsteht die Mahnverfahrensgebühr in Höhe von 1,0 nach Nr. 3305 VV RVG (vgl. dazu Formulierung in Nr. 3306 VV RVG). Die Verfahrensgebühren Nr. 3305 und 3307 VV RVG aus dem Mahnverfahren sind auf ein späteres gerichtliches Verfahren anzurechnen und zwar in voller Höhe, soweit der Gegenstandswert von Mahnverfahren und gerichtlichem Verfahren identisch ist, vgl. dazu die Anmerkungen zu Nr. 3305 und 3307 VV RVG.
Rz. 199
Für die Vertretung des Antragstellers im Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids (VB-Verfahren) erhält der Rechtsanwalt eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV RVG. Die Gebühr entsteht neben der Gebühr Nr. 3305 nur, wenn innerhalb der Widerspruchsfrist kein Widerspruch erhoben oder der Widerspruch gem. § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO beschränkt worden ist. Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr für den Vollstreckungsbescheid nach Nr. 3308 VV RVG ist nicht vorgesehen.
Rz. 200
Eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG kann der Rechtsanwalt entweder auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG oder (!) auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV RVG erhalten. Ist bereits eine Erhöhung für die Gebühr nach Nr. 3305 VV RVG entstanden, kann diese auf die Gebühr nach Nr. 3308 VV RVG nicht mehr berechnet werden, vgl. dazu die Anmerkung zu Nr. 3308 VV RVG. Mit dieser Anmerkung sind z.B. die Fälle angesprochen, bei denen der Mandant zunächst den Mahnbescheid selbst beantragt und dann – weil er nicht mehr weiter weiß – den Rechtsanwalt erst im VB-Verfahren beauftragt, den Vollstreckungsbescheid zu beantragen.
Beispiel
Mandant Huber beauftragt Rechtsanwalt Müller, einen Mahnbescheid über einen Streitwert von 20.000,00 EUR einzureichen. Antragsgegner Meier erhebt Widerspruch. Nach einem entsprechenden Antrag wird die Angelegenheit an das zuständige Streitgericht – Landgericht Berlin – abgegeben. Dort erfolgt nach einer Güteverhandlung eine streitige Verhandlung. Nach einer sich hieran anschließenden Beweisaufnahme verkündet das Gericht ein der Klage stattgebendes Urteil. Rechtsanwalt Müller kann wie folgt abrechnen:
Gegenstandswert: 20.000,00 EUR
Abrechnung Mahnverfahren:
1,0 Mahnverfahrensgebühr |
|
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3305 VV RVG |
742,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
762,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
144,78 EUR |
Summe |
906,78 EUR |
Abrechnung gerichtliches Verfahren:
1,3 Verfahrensgebühr |
|
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 VV RVG |
964,60 EUR |
abzüglich 1,0 Mahnverfahrensgebühr |
./. 742,00 EUR |
Zwischensumme |
222,60 EUR |
1,2 Terminsgebühr |
|
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3104 VV RVG |
890,40 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7003 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
1.133,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
215,27 EUR |
Summe |
1.348,27 EUR |