Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Wolfgang Kürschner
Rz. 91
Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, so erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG die Geschäftsgebühr für jede weitere Person um 0,3 (unabhängig davon, mit welchem Satz der Rechtsanwalt die Ausgangsgebühr bestimmt hat), insgesamt höchstens um 2,0. Das gilt aber nur, soweit die Auftraggeber an dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit gemeinschaftlich beteiligt sind, und demgemäß nicht, wenn mehrere Personen jeweils eigene Ansprüche gemeinschaftlich verfolgen. Dann sind vielmehr die Werte dieser unterschiedlichen Gegenstände gemäß § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, ohne dass eine Mehrvertretungsgebühr anfällt. In Unfallsachen geht es auf der Aktivseite regelmäßig um Ansprüche, die den Geschädigten einzeln zustehen und damit verschiedene Gegenstände betreffen, weshalb eine Mehrvertretungsgebühr gewöhnlich nicht entsteht. Die Gebühren berechnen sich nach dem gemäß § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechneten Wert der verschiedenen Ansprüche. Eine Mehrheit von Auftraggebern liegt hier aber vor, wenn die Erben des Getöteten dessen auf sie übergegangene Ansprüche verfolgen.
Rz. 92
Anders ist das in der Kraftfahrzeughaftpflicht auf der Passivseite, da häufig Fahrer und Haftpflichtversicherer verklagt werden.
Hier kommt es häufig vor, dass der Rechtsanwalt verschiedene Auftraggeber (z.B. Fahrer, Halter und Versicherung) wegen verschiedener Klage- und Widerklageforderungen vertritt. Nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 1008 VV RVG wird die Erhöhung bei der Wertgebühr nach dem Betrag berechnet, an dem die Personen gemeinschaftlich beteiligt sind. Umstritten ist, wie die Gebührenerhöhung zu berechnen ist, wenn die mehreren Personen bei denselben Gebührensätzen nur teilweise gemeinschaftlich bzw. unterschiedlich am Wert beteiligt sind:
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Nach einer Auffassung wird hierbei zunächst die nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte Gebühr aus dem Wert berechnet, an dem die mehreren Personen gemeinschaftlich beteiligt sind. Sodann wird noch eine nicht erhöhte Gebühr aus dem Wert berechnet, an dem nur einer der Auftraggeber beteiligt ist. Sodann ist nach § 15 Abs. 3 RVG zu prüfen, ob eine nach dem höchsten angewandten Gebührensatz nach dem Gesamtwert berechnete Gebühr nicht überschritten wird. |
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Nach anderer und zutreffender Auffassung wird zunächst die Gebühr ohne Erhöhung aus dem Gesamtwert bzw. dem gemäß § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechneten Wert ermittelt und sodann eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung berechnet; § 15 Abs. 3 RVG wird nicht angewandt. |