Rz. 11

Für nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen mit Gesellschaftsorganen (GmbH-Geschäftsführer/AG-Vorstandsmitglieder) gelten die nur für Arbeitnehmer bestimmten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB nicht, jedenfalls nicht uneingeschränkt (vgl. dazu im Einzelnen Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885 ff.). Es ist daher zulässig, Wettbewerbsvereinbarungen mit Geschäftsführern einer GmbH auch ohne die starren Beschränkungen der Schutzvorschriften der §§ 74 ff. HGB abzuschließen (vgl. BGH v. 17.2.1992 – II ZR 140/91, DB 1992, 936). Bedeutung hat dies insb. für die Frage, ob Wettbewerbsvereinbarungen mit einem Gesellschaftsorgan auch ohne Entschädigungspflicht wirksam abgeschlossen werden können. Eine Zahlungsverpflichtung nach § 74 Abs. 2 HGB verneinte der BGH im Fall eines GmbH-Geschäftsführers (vgl. BGH v. 26.3.1984 – II ZR 229/83, NJW 1984, 2366; BGH v. 4.3.2002 – II ZR 77/00, WM 2002, 815; zuletzt OLG Brandenburg v. 15.12.2020 – 6 U 172/18, BeckRS 2020, 40116 Rn 67). Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass eine Konkurrenztätigkeit des Geschäftsführers in weit höherem Maße eine Gefahr für die Gesellschaft begründe, als dies bei einem Arbeitnehmer der Fall sei, da sich die Geschäftsbeziehungen der Gesellschaft regelmäßig auf die Person des Geschäftsführers konzentrierten und dieser daher eher in der Lage sei, nach seinem Ausscheiden in die Kunden-/Geschäftsbeziehungen der Gesellschaft einzudringen und der Gesellschaft dadurch Schaden zuzufügen. Dies stellte der BGH in einem Beschl. v. 7.7.2008 – II ZR 81/07, DB 2008, 2187) noch einmal deutlich heraus, indem er feststellte, dass aus der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht abgeleitet werden kann.

 

Rz. 12

Der BGH geht jedoch in st. Rspr. davon aus, dass aus der von ihm abgelehnten Anwendung der §§ 74 ff. HGB nicht gefolgert werden darf, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers keinen Schranken unterliegt. Vielmehr sind solche Vereinbarungen, welche den Geschäftsführer für die Zeit nach der Beendigung des Anstellungsvertrags in seiner beruflichen Betätigung beschränken, unter Berücksichtigung der Grundsätze gem. §§ 138, 242 BGB i.V.m. Art. 12 GG zu überprüfen (vgl. BGH v. 4.3.2002 – II ZR 77/00, WM 2002, 815). Danach ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Geschäftsführer einer GmbH nur dann rechtswirksam, wenn dies zum Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist und nach seinem räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen Umfang die Berufsausübung des Geschäftsführers nicht unbillig erschwert. Für die Praxis besteht daher aufgrund der vom BGH abgelehnten Anwendung der festen Schranken der §§ 74 ff. HGB für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot eines GmbH-Geschäftsführers die Notwendigkeit einer sorgfältigen und die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung der gegenseitigen Interessen bei der Festlegung des Umfangs des Wettbewerbsverbots (vgl. dazu ausführlich Jaeger, Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, S. 71 ff.; Born, Höchstrichterliche Rspr. zum Recht der GmbH, S. 462 ff.; Preis, Der Arbeitsvertrag, S. 1428, 1605; Weitnauer/Grob, GWR 2014, 185 ff.; vgl. auch Eckert/Köpple, NZA 2020, 1453 ff. und Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2020, 719 ff.; vgl. auch OLG Hamm v. 8.8.2016 – 8 U 23/16, GWR 2017, 34 und OLG München v. 2.8.2018 – 7 U 2107/18, NZA-RR 2019, 82 ff., hierzu Lembke, NZA-RR 2019, 65 ff.).

 

Rz. 13

 

Beispiel

Die Untersagung "jeglicher Konkurrenztätigkeit" auf die Dauer von zwei Jahren wurde vom OLG Düsseldorf (v. 3.12.1998 – 6 U 151/98, BB 2001, 956) als Verstoß gegen das Übermaßverbot (§ 138 BGB) angesehen, ohne dass eine Reduktion auf einen noch angemessenen Umfang oder eine Umdeutung (§ 140 BGB) in Betracht kam.

 

Rz. 14

 

Hinweis

Daher sollte ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Gesellschaftsorgan im Hinblick auf Inhalt und Umfang eher restriktiv, im Hinblick auf die Höhe einer Karenzentschädigung großzügig ausgestaltet sein.

 

Rz. 15

Es wird zutreffend für rechtlich unzulässig erachtet, der Gesellschaft die Möglichkeit einzuräumen, auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung eines sofortigen Entfallens der Entschädigungspflicht zu verzichten. Eine solche Regelung käme einem bedingten und damit unverbindlichen Wettbewerbsverbot gleich, bei dem bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Geschäftsführers allein der Gesellschaft die Entscheidung überlassen bliebe, ob an dem Wettbewerbsverbot festgehalten werde. Die Gesellschaft hätte es bei einer solchen Vertragsgestaltung in der Hand, den Geschäftsführer zunächst noch unter Fortdauer des Wettbewerbsverbotes eine wettbewerbsneutrale Stelle suchen zu lassen, welche aufgrund des notwendigerweise erfolgenden Branchenwechsels für den Geschäftsführer voraussichtlich geringer dotiert wäre, um danach ohne jegliche Ausgleichsleistungen auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten, sobald für sie feststünde, dass ihr der Geschäftsführer aus seiner neuen Stellung keinen W...

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